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news/APA/Sonntag, 01.09.24, 05:01:26

Gewerkschaft: Im Sommer weniger hitzefrei am Bau als 2023

Angesichts der statistisch belegten steigenden Anzahl von Hitzetagen ist die Baugewerkschaft GBH unzufrieden mit der aktuellen Hitzefreiregelung. So sei im Sommer 2024 unter Betrachtung von Juni und Juli verhältnismäßig deutlich weniger hitzefrei gewährt worden als im Gesamtsommer davor. "Das ist sehr unbefriedigend", kritisiert GBH-Chef Josef Muchitsch (SPÖ) und fordert gegenüber der APA gesetzliche Anpassungen von Arbeitnehmerschutzgesetzen an den Klimawandel.
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Im Vorjahr habe – auf den ganzen Sommer gesehen – rund jeder vierte Bauhackler einmal mehr oder weniger lange hitzefrei gewährt bekommen. Dabei geht es laut den Ausführungen von Muchitsch um eine Stunde bis einige Nachmittage. Heuer zeige eine erste Auswertung der Angaben für Juni und Juli, dass nur rund jeder zehnte Bauarbeiter einmal hitzefrei gewährt bekam. Der heiße August ist hier noch nicht ausgewertet – und aktuell dauert im Süden und Osten des Landes die Hitze mit bis zu 35 Grad Celsius auch noch im September an.

„Im Juni und Juli haben knapp über 9.000 Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter hitzefrei gewährt bekommen“, so Muchitsch. „Im Vorjahr waren es über den gesamten Sommer 23.000.“ Von rund 135.000 Bauarbeitenden insgesamt würden rund 100.000 im Freien hackeln und können somit potenziell von der Hitze getroffen werden.

Für die Baubranche gibt es wie vielfach berichtet eine Hitze-Sonderregelung. Diese erlaubt es Betrieben, Arbeitnehmer ab 32,5 Grad freizustellen. Verpflichtung gibt es keine – naturgemäß machen bei weitem nicht alle Arbeitgeber von der Möglichkeit Gebrauch. Wird hitzefrei gegeben, haben sowohl Arbeitnehmer als auch -geber Anspruch auf Rückvergütung aus dem Schlechtwetterfonds der BUAK (Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskassa), die sie auch gemeinsam befüllen.

Die Gewerkschaft beackert die Thematik auf zwei Ebenen – jene der Bewusstseinsbildung und jene einer Regelung die aus ihrer Sicht besser greift als die aktuelle, freiwillige. Muchitsch bekräftigte den gewerkschaftlichen Ruf nach einer gesetzlichen Anpassung. Die türkis-grüne Regierung hatte dahingehende Anträge vertagt und will eine sozialpartnerschaftliche Lösung. Dagegen argumentiert der Sozialdemokrat und FSG-Chef: „Die Gurtenpflicht beim Autofahren hat auch erst geklappt, als sie gesetzlich geregelt wurde – freiwillig hat das nicht geklappt seinerzeit. Man muss wohl auch bei den Arbeitnehmerschutzgesetzen Anpassungen an den Klimawandel vornehmen.“

Dabei gehe es nicht darum, weniger zu arbeiten. Am Bau werde meist so zeitig begonnen, dass wenn die Temperatur die 32,5 Stunden erreicht, oft schon acht Stunden gearbeitet worden sei. Also könne man gesetzlich regeln, dass an Hitzetagen Arbeitszeiten auf acht Stunden begrenzt werden. Über den Bausektor hinaus gehörten dann in anderen Bereichen wie etwa im Gesundheitssektor oder für Arbeitende in heißen Fertigungshallen mehr Pausen vorgeschrieben. Auch Maßnahmen zur Temperaturregulierung nach unten wie Beschattungen und Klimaanlagen könnten vorgeschrieben werden, geht es nach dem GBH-Chef. Jedenfalls gehörten gewisse Arbeitnehmerschutzgesetze an die neuen Klimabedingungen angepasst.

Damit der potenzielle Streit zur tatsächlichen Temperatur zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften am Bau nicht mehr sein muss, nehmen die beiden Player jetzt jedenfalls die Werte der gleichen Messstationen. Herangezogen wird die offizielle Messung der Geosphere Austria an der der Baustelle (Postleitzahl) nächstgelegenen Station. Eine eigens geschaffene GBH-Hitzeapp informiert aktiv über die aktuellen Temperaturen und gibt Bauarbeitern die Sicherheit, ab wann hitzefrei möglich ist, so Muchitsch.

Bei hitzefrei „geht es immer nur um wenige Stunden am Nachmittag“, betont der Politiker und Gewerkschafter, der auch für geänderte Ausschreibungen plädiert. Schließlich sei es in großen Teilen Österreichs inzwischen möglich, den Winter über durchzubauen – und das gehöre verstärkt genutzt, anstatt „alt gedacht die Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter im Winter stempeln zu lassen – das hängt von den Ausschreibungen ab“.