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news/APA/Donnerstag, 20.03.25, 13:41:25

70 Tote nach israelischem Beschuss im Gazastreifen

Das israelische Militär hat seine wieder aufgenommene Offensive gegen die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen mit Luftangriffen und Bodentruppen fortgesetzt. Mindestens 70 Menschen seien getötet worden, teilte die palästinensische Gesundheitsbehörde in dem Küstenstreifen am Donnerstag mit. Sanitäter berichteten, dass im Norden und Süden etliche Häuser zerstört worden seien. Das israelische Militär erklärte, es prüfe die Berichte.
APA/APA/AFP/EYAD BABA

Israel hatte in der Nacht auf Dienstag seine Luftangriffe wieder aufgenommen und damit die seit dem 19. Jänner geltende Waffenruhe mit der Hamas de facto aufgekündigt. Seit Mittwoch sind zudem Bodentruppen im Einsatz. Allein am Dienstag wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 400 Menschen getötet. In den vergangenen drei Tagen seien mindestens 510 Palästinenser ums Leben gekommen, mehr als die Hälfte von ihnen Frauen und Kinder, sagte ein Vertreter der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde.

Das israelische Militär erklärte am Donnerstag, seine Soldaten seien seit 24 Stunden am Boden im Einsatz, um eine Pufferzone zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des Gazastreifens auszuweiten, den sogenannten Netzarim-Korridor. Israel forderte die Einwohner auf, die Salahuddin-Straße, die wichtigste Nord-Süd-Verbindung, zu meiden und sich stattdessen entlang der Küste fortzubewegen. Durch die Luftangriffe ist die Bevölkerung erneut gezwungen, aus den Gebieten zu fliehen, in die sie nach Beginn der Waffenruhe zurückgekehrt war und wo sie mit dem Wiederaufbau der in Trümmern liegenden Häuser begonnen hatte.

Bei den Angriffen in dieser Woche wurden einige Führungsvertreter der Hamas getötet, darunter der De-facto-Regierungschef des Gazastreifens, der Chef des Sicherheitsdienstes, sein Berater und der stellvertretende Leiter des Justizministeriums. Dies gilt als schwerer Schlag für die geschwächte Palästinenser-Organisation, die ihre Verwaltung im Gazastreifen wieder aufbauen wollte. Die Hamas ist entgegen dem erklärten Ziel der israelischen Regierung nicht besiegt.

Israel hatte gedroht, die wiederaufgenommene Offensive sei erst der Anfang. Die Hamas hat die Bodenoffensive und den Einmarsch in den Netzarim-Korridor als „neuen und gefährlichen Verstoß“ gegen das zwei Monate alte Abkommen über eine Waffenruhe bezeichnet. Sie bekräftigte ihre Unterstützung dieser Vereinbarung und forderte die Vermittler auf, „ihrer Verantwortung gerecht zu werden“.

Die erste Phase der Waffenruhe war am 19. Jänner in Kraft getreten und endete nach sechs Wochen. Sie wurde für die Dauer von Ramadan und Pessach verlängert, die Ende März beziehungsweise am 20. April enden. Eigentlich sollte während der ersten die zweite Phase der Waffenruhe ausgehandelt werden. Deren Ziel sind die Freilassung der verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der Hamas sowie der Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen. Am Ende soll der Frieden in dem weitgehend zerstörten Küstenstreifen stehen. Eine Einigung wurde nicht erzielt.

Die Vermittler Katar und Ägypten verstärken ihre Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Es sei notwendig, die gemeinsamen Anstrengungen zur Umsetzung der drei Phasen des Waffenstillstandsabkommens im Gazastreifen zu intensivieren, erklärte Katar. Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, der Ministerpräsident und zugleich Außenminister ist, habe in einem Telefongespräch mit dem ägyptischen Außenminister Badr Abdelatty über die Koordinierungsbemühungen und die jüngsten Entwicklungen im Gazastreifen gesprochen.

Ein Hamas-Vertreter sagte Reuters, die Vermittler – Katar und Ägypten – hätten ihre Bemühungen verstärkt. Es sei aber „noch kein Durchbruch“ erzielt worden. Die Islamisten-Organisation hat bisher keine klaren Drohungen mit Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf die israelischen Angriffe ausgesprochen. Auf die Frage, warum sie noch nicht reagiert habe, sagte der Hamas-Vertreter, es habe „die Chance gegeben, die Lage einzudämmen“. Einige Bewohner berichteten, es gebe an Ort und Stelle noch keine Anzeichen dafür, dass die Hamas die Kämpfe wieder aufnehmen würde. Ein Vertreter einer mit der Hamas verbündeten militanten Gruppe erklärte jedoch, dass die Kämpfer, darunter auch Hamas-Mitglieder, in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden seien und auf weitere Anweisungen warteten.

Nach Angaben des israelischen Militärs feuerten Extremisten aus dem Gazastreifen drei Raketen auf Israel ab. Wie die Armee mitteilte, wurde ein Geschoß abgefangen; die beiden anderen gingen auf offenem Gelände nieder. In mehreren Gebieten im Zentrum Israels gingen zuvor Warnsirenen los, auch im Osten der Küstenmetropole Tel Aviv.

Auslöser des Krieges im Gazastreifen war der überraschende Überfall der Hamas und des mit ihr verbündeten Islamischen Jihad am 7. Oktober 2023 auf den Süden Israels. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1.200 Menschen getötet und etwa 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Das israelische Militär reagierte umgehend mit einer großangelegten Offensive. Beim Beschuss des Gazastreifens wurden laut der dortigen Gesundheitsbehörde bereits mehr als 49.000 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Israel sprach bisher von rund 20.000 getöteten Terroristen.

Die Caritas forderte unterdessen einen sofortigen Stopp der Luft- und Bodenoffensiven des israelischen Militärs im Gazastreifen. „Wir schließen uns als Caritas den internationalen Forderungen nach einem sofortigen Stopp der militärischen Handlungen im Gazastreifen an“, erklärte der für internationale Agenden zuständige Vizepräsident der Caritas Österreich, Alexander Bodmann, am Donnerstag in einer Aussendung. „Wir fordern die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, dazu gehört in erster Linie auch, dass humanitäre Hilfe ungehindert in den Gazastreifen gelangt und die von Israel gestoppte Stromversorgung wiederaufgenommen wird. Die Gewalt muss beendet werden – eine Waffenruhe, die humanitäre Hilfe ermöglicht und die Qualen der notleidenden Zivilbevölkerung in diesem Konflikt lindert, muss dringend wiederhergestellt werden.“