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news/APA/Mittwoch, 05.03.25, 16:01:38

Stocker offen für zusätzliche EU-Verteidigungsausgaben

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) hat am Aschermittwoch den ersten parlamentarischen Auftritt in seiner neuen Funktion absolviert. Im EU-Hauptausschuss des Nationalrates signalisierte Stocker vor dem EU-Sondergipfel am Donnerstag Offenheit, was die Aufstockung der EU-Ausgaben im Verteidigungsbereich betrifft. "Neue Schuldenaufnahmen lehnen wir aber ab", betonte er im Beisein von Europaministerin Claudia Plakolm (ÖVP) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS).
APA/APA/AFP/ALEX HALADA  

Stocker bekannte sich zum Ziel, die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken. „Österreich unterstützt grundsätzlich die Initiativen, natürlich immer auf Basis der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen“, sagte er unter Verweis auf die Neutralität. Der Flexibilisierung von EU-Mitteln durch eine Änderung der Zweckwidmung stehe Österreich „offen gegenüber“, nicht aber zusätzlichen Schulden, so Stocker. Die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen 150 Milliarden Euro seien keine Schulden, sondern Garantien, präzisierte er auf eine entsprechende Frage.

„Österreich ist militärisch neutral, wird aber nie politisch neutral sein“, betonte auch Europaministerin Plakolm. „Österreich wird sich dafür einsetzen, dass Europa nicht Spielball globaler Mächte wird, sondern selbstbewusst seinen Platz in der Welt einnimmt“, sagte sie. Die Entscheidungen beim EU-Sondergipfel am Donnerstag werden diesbezüglich „eine zentrale Rolle spielen“. Sowohl Plakolm als auch Stocker zeigten sich zuversichtlich, dass die geplanten Schlussfolgerungen trotz des angekündigten Widerstandes aus Ungarn angenommen werden. Schon bei mehreren EU-Gipfeln habe es im Vorfeld „so ausgesehen, dass eine Einigung nicht möglich sein wird“, so Stocker. Es dann aber „üblicherweise eine Lösung gefunden worden“.

Meinl-Reisinger bekräftigte die Unterstützung der Ukraine und übte deutliche Kritik am Kurs von US-Präsident Donald Trump. Was sich am Freitag im Oval Office zugetragen habe, sei eine „Belastung für die transatlantischen Beziehungen“ gewesen. Zugleich begrüßte sie die geplante Stärkung der EU-Verteidigungsfähigkeit. „Wir haben gelernt, dass wir Sicherheit nicht auslagern können nach Washington, genauso wenig wie die Energieversorgung nach Russland und die Lieferketten nach Peking“, sprach sich die NEOS-Chefin für mehr europäische Eigenständigkeit aus.

Stocker begrüßte die Bemühungen Trumps um einen Frieden in der Ukraine. „Aber wir müssen uns davor hüten, kurzfristige Ziele zulasten der langfristigen Stabilität zu verfolgen“, bekräftigte er die Forderung nach einem „umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden“. Als Rechtsanwalt wisse er auch, dass erfolgreiche Verhandlungen die Beteiligung aller wesentlichen Akteure erfordern. „Es darf keine Verhandlungen über die Sicherheit Europas ohne die Europäische Union geben“, betonte er.

Meinl-Reisinger betonte, dass es im Ringen um einen Waffenstillstand in der Ukraine auch um die Sicherheit in Österreich gehe. „Es ist in unserem Interesse, dass wir in der Ukraine keinen Diktatfrieden haben, der Putin nur Zeit bietet, seine Truppen neu zu formieren“, forderte sie einen Friedensschluss mit Sicherheitsgarantien.

In der folgenden Debatte zeigten sich die bekannten Positionen der Parlamentsparteien. FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst kritisierte, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Frage eines Friedensschlusses „schon weiter“ sei als die EU-Politik, weil er erkennen lasse, „dass eine Lösung dieser Frage nicht am Schlachtfeld stattfinden soll, sondern am Verhandlungstisch“. Sie brachte einen Antrag ein, der Stocker dazu verpflichten sollte, beim EU-Gipfel keinen Schlussfolgerungen zuzustimmen, die weitere Militärhilfen in Milliardenhöhe für die Ukraine vorsehen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der vier anderen Parteien abgelehnt.

Fürst erntete für ihre Wortmeldung scharfe Kritik, unter anderem vom ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Gerstl. Dieser monierte, dass die Vertreterin der größten Parlamentspartei Russland nicht als Aggressor genannt habe. Auch Meinl-Reisinger ging in ihrem Abschlussstatement hart mit Fürst ins Gericht, der er eine „geradezu fahrlässige Haltung gegenüber der Sicherheit der Österreicher“ attestierte. Es sei „geradezu grotesk“ zu sagen, dass jedes Militär automatisch ein Bekenntnis zu Krieg bedeute.

Erstmals nach fünf Jahren meldete sich der frühere Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wieder von der Abgeordneten- statt der Regierungsbank zu Wort. Als einziger Redner äußerte er klare Unterstützung für das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentierte Verteidigungspaket in Höhe von 800 Milliarden Euro. „Ich finde das alles gescheit“, sagte er. Länder wie Russland würden nämlich verteidigungspolitisch „in die Schatulle greifen, dass es nur so scheppert“, sagte er. Daher müsse auch die EU „in den Kleiderschrank und das beste Stück rausholen“. Wenn Europa nicht zu Stärke zurückfindet, werde es die EU „in zehn, zwanzig Jahren überhaupt nicht mehr geben“, warnte der Grüne Parteichef.

Besorgt über die US-Politik äußerte sich die SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr. Sie äußerte die Erwartung, dass man „die transatlantischen Beziehungen sehr flexibel neu gestalten“ werden müsse. US-Präsident Trump werde Europa nämlich „noch vor einige Herausforderungen stellen“. Ihr Kollege Peter Laimer pochte darauf, dass Europa an den Ukraine-Verhandlungen beteiligt wird. „Wer nicht am Verhandlungstisch sitzt, steht auf der Speisekarte“, zitierte er ein bekanntes politisches Sprichwort.

„Das sind vielleicht sogar die entscheidenden Tage, Wochen und Monate für unsere Generation“, sagte der NEOS-Abgeordnete Douglas Hoyos. Er zitierte diesbezüglich jüngste Aussagen des Militärexperten Gustav Gressel gegenüber der APA, wonach die Wahrscheinlichkeit eines russischen Angriffs auf einen EU-Staat im Jahr 2026 bei 80 Prozent liege. Nun gehe es darum, „uns zu rüsten“, sagte der Verteidigungssprecher der kleinsten Regierungspartei.

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