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news/APA/Sonntag, 05.01.25, 19:10:57

Van der Bellen führt Gespräch zu Regierungsbildung mit Kickl

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ sowie dem angekündigten Rückzug von Karl Nehammer als Bundeskanzler und ÖVP-Obmann angekündigt, am morgigen Montag mit FPÖ-Chef Herbert Kickl ein Gespräch über die künftige Regierungsbildung zu führen. Der am Sonntag zum geschäftsführenden ÖVP-Parteichef bestellte Christian Stocker machte indes klar, dass er zu Regierungsverhandlungen mit Kickl bereit wäre.
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Nehammer habe ihm zuvor berichtet, so Van der Bellen, dass „die Stimmen innerhalb der ÖVP, die eine Zusammenarbeit mit Kickl ausschließen, leiser geworden sind“. Damit habe sich ein neuer Weg aufgetan, betonte Van der Bellen, der in seiner Rede nicht ausgeschlossen hat, Kickl den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen. Er habe Kickl angerufen und ihn zu einem Gespräch geladen, so das Staatsoberhaupt, das damit eine Tür für eine etwaige blau-schwarze Zusammenarbeit aufgemacht hat.

Kickl selbst hielt sich vor dem morgigen Termin mit dem Staatsoberhaupt bedeckt. Er werde morgen Van der Bellen zu einem persönlichen Gespräch treffen, so Kickl via X, eine mediale Stellungnahme über sein Posting hinaus werde es nicht geben. Manches scheine nun klarer zu sein, „manches liegt noch im Ungewissen“, formulierte Kickl, der gleichzeitig festhielt, dass sich die freiheitliche Skepsis am „Versuch des experimentellen Regierens in Form einer Austro-Ampel“ bestätigt habe. „Uns trifft keine Verantwortung für verlorene Zeit, für chaotische Zustände und den enormen Vertrauensschaden, der entstanden ist“, so der FPÖ-Chef.

Ob es nach diesem Treffen, sofern es gut verläuft, einen Regierungsbildungsauftrag für die FPÖ geben werde, wollte Van der Bellen nach seinem Statement auf Nachfrage nicht beantworten. Mit den Worten „wenn, wenn, wenn“ verabschiedete er sich wieder hinter die Tapetentür, durch die er knapp zehn Minuten zuvor gekommen war.

Seine Entscheidung, Kickl als Parteichef der stimmenstärksten Partei nicht von Anfang an mit dem Regierungsbildungsauftrag zu betrauen, verteidigte Van der Bellen. Sowohl Karl Nehammer als auch SPÖ-Chef Andreas Babler hätten ihm versichert, nicht mit Kickl koalieren zu wollen. Er habe dem Land „leere Kilometer“ ersparen wollen. „Seit gestern hat sich die Situation verändert“.

Auch Stocker – bisher eigentlich ein leidenschaftlicher Kritiker Kickls – sprach in einer Pressekonferenz nach seiner Wahl zum interimistischen Parteichef von einer neuen Situation. Die ÖVP würde ein allfälliges Gesprächsangebot der FPÖ zu Koalitionsverhandlungen annehmen.

Nehammer habe Van der Bellen seinen angekündigten Rückzug als Kanzler in einem persönlichen Gespräch versichert, und auch, dass der Übergang in aller Ruhe stattfinden werde. Van der Bellen werde „im Laufe der kommenden Woche“ einen interimistischen Nachfolger ernennen.

Er werde auch in Zukunft „nach bestem Wissen und Gewissen“ darauf achten, dass die Grundpfeiler unserer Demokratie – er nannte den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung, freie, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft – weiter hochgehalten würden, betonte das Staatsoberhaupt.

Über das Scheitern der Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS zeigte sich der Bundespräsident überrascht. „Lange wurde der Eindruck vermittelt, als gäbe es eine gute Basis. Selbst nach dem Ausstieg der NEOS wurde mir vermittelt, dass eine Einigung möglich sei“. Für viele sei das Scheitern nun „eine große Enttäuschung“, und „wie Sie alle wissen, das war nicht mein Wunsch“.

Einmal mehr war Van der Bellen bemüht, in einer schwierigen Situation Ruhe auszustrahlen: „Wenn ich etwas gelernt habe in meiner Zeit als Bundespräsident der Republik Österreich, ist es, dass es wirklich immer neue Situationen gibt.“ „Nicht versäumen“ wollte er es an dieser Stelle, Nehammer für seine Dienste für die Republik zu danken: „Es waren nun wirklich keine einfachen Zeiten“.

Wenig versöhnlich gab sich Oberösterreichs FP-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner: Van der Bellen habe durch „seinen Regierungsbildungsauftrag an Nehammer, der von Beginn an zum Scheitern verurteilt war, unser Land an den Rand einer veritablen Staatskrise manövriert“, so Haimbuchner in einer Aussendung. Dass Nehammer bei den Verhandlungen mit der Babler-SPÖ einen „Bauchfleck“ hingelegt habe, überrasche nur den Bundespräsidenten. Die Zeit des Taktierens müsse nun vorbei sein und Van der Bellen den Wählerwillen „endlich akzeptieren“.

In den Ländern zeigte man sich bei Türkis und Blau durchaus zufrieden. Die geschäftsführende steirische ÖVP-Chefin Manuela Khom sprach von einem „Durchschlagen des gordischen Knotens“. Nehammer habe die Partei zu einem schwierigen Zeitpunkt übernommen. Die Menschen erwarteten sich zu Recht eine Politik, die nicht taktiere, sondern an den Herausforderungen arbeite.

Die jetzige Situation habe sich niemand in der ÖVP gewünscht, leider habe es keine kompromissbereiten Partner gegeben. „In dieser politischen Pattstellung ist es absolut notwendig, besonnen und mit ruhiger Hand vorzugehen. Ich bin überzeugt, dass Christian Stocker dieser Verantwortung nachkommt. Nun ist der Bundespräsident am Zug.“

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger erklärte gegenüber der APA, er gehe davon aus, dass Van der Bellen Kickl am Montag den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen werde. Einen anderen Weg könne es nicht geben. Danach werde man auch in der FPÖ „intern beraten“. Die mittlerweile neue ÖVP-Position in Bezug auf die Freiheitlichen wertete Abwerzger als „positive Signale“.

Bezüglich des geschäftsführenden ÖVP-Chefs Stocker sei wegen dessen Aussagen in der Vergangenheit zwar eine „gesunde Skepsis“ angebracht: „Das Vertrauen muss er sich erst erarbeiten.“ Aber auch dessen offensichtlicher Sinneswandel sei ein „positives Signal“. „Vorschreiben“ werde man der ÖVP jedenfalls nicht, wer dort an der Spitze stehe. Kritik übte der Tiroler FPÖ-Chef an der SPÖ, die die „Ausgrenzungspolitik“ offenbar fortführe.