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news/APA/Mittwoch, 19.03.25, 15:36:53

Selenskyj lehnt Stopp von Militärhilfen für Waffenruhe ab

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt Zugeständnisse gegenüber Moskau ab. Er betonte am Mittwoch, dass die Militärhilfen für Kiew entgegen der russischen Forderungen erhöht werden müssten. Ein ukrainischer Drohnenangriff führte unterdessen zu einem Feuer in einem russischen Öldepot. Außerdem tauschten Moskau und Kiew 372 Kriegsgefangene aus. Nach UNO-Angaben begeht Russland durch systematische Verschleppungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine.
APA/APA/AFP/HEIKKI SAUKKOMAA

„Russland will, dass die Partner uns nicht helfen, denn das schwächt die ukrainischen Positionen“, sagte der Ukrainer auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten, Alexander Stubb, in Helsinki. Selenskyj stellte die Frage, warum der russische Präsident Wladimir Putin die ukrainische Armee fürchte und schwächen wolle, wenn er eigentlich Frieden anstrebe. Entgegen der russischen Forderung müssten daher die Hilfen für Kiew erhöht werden. „Denn das ist ein Signal, dass die Ukraine auf jede Überraschung der Russen vorbereitet ist“, unterstrich der Staatschef.

Selenskyj sagte, die ukrainische Luftwaffe erhalte von den USA Daten über den Start russischer ballistischer Raketen und deren Ziel. „Das heißt er (Putin) will nicht, dass wir die Information erhalten, wenn ballistische Raketen auf ukrainische zivile Infrastruktur fliegen“, schlussfolgerte das ukrainische Staatsoberhaupt. „All das spricht für (die Absicht) einer Fortsetzung des Krieges“, hob er hervor.

Nach einem ukrainischen Drohnenangriff brach russischen Angaben zufolge ein Feuer in einem Öldepot im Süden des Landes aus. Dem regionalen Koordinierungsstab in der Region Krasnodar zufolge lösten herabfallende Trümmerteile den Brand auf einer Fläche von 1.700 Quadratmetern aus. Mehr als 220 Menschen seien an den Löscharbeiten beteiligt.

Das Verteidigungsministerium in Moskau warf Kiew daraufhin eine Provokation vor. Diese ziele darauf ab, die Friedensinitiative von US-Präsident Donald Trump zu torpedieren. Trump und Putin hatten sich am Dienstag in einem Telefonat darauf geeinigt, dass Russland 30 Tage keine gegnerischen Energieanlagen beschießt, wenn auch die Ukraine darauf verzichtet. Während Moskau sich daran halte, tue das die Gegenseite aber bisher nicht, sagte auch Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Laut Selenskyj unterstützt die Ukraine die Idee, man brauche aber noch mehr Informationen. Aus den nach dem Telefonat veröffentlichten Angaben geht nicht genau hervor, wann der Verzicht auf Luftschläge gegen Energieanlagen in Kraft treten soll. Das russische Verteidigungsministerium nimmt für sich in Anspruch, schon begonnene Angriffe auf ukrainische Energieobjekte sofort nach Putins Weisung gestoppt zu haben. Alle sieben schon in der Luft befindlichen Drohnen mit Kurs auf solche ukrainischen Anlagen habe das russische Militär selbst abgeschossen, heißt es in einer Mitteilung der Behörde.

Moskau und Kiew tauschten nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums insgesamt 372 Kriegsgefangene aus. Beide Seiten hätten jeweils 175 Gefangene übergeben, teilte das Ministerium am Mittwoch mit. Moskau habe in einer „Geste des guten Willens“ zudem 22 schwer verletzte ukrainische Kriegsgefangene, die dringend medizinische Hilfe benötigten, an Kiew zurückgegeben.

Der Kreml hatte den Gefangenenaustausch am Dienstag nach dem Telefonat zwischen Putin und Trump angekündigt. Im Zuge der seit Februar 2022 laufenden Offensive Russlands in der Ukraine tauschten beide Seiten immer wieder hunderte Kriegsgefangene aus.

In Moskau wurden unterdessen fünf ukrainische Soldaten wegen ihrer Teilnahme an der ukrainischen Offensive in der russischen Grenzregion Kursk zu Haftstrafen zwischen 15 und 17 Jahren verurteilt. Wie die Ermittlungsbehörde mitteilte, befand ein Militärgericht die Männer für schuldig, eine „gemeinschaftliche terroristische Handlung mit schwerwiegenden Folgen“ begangen zu haben.

Die Männer gehörten der für schwere Straftaten zuständigen Ermittlungsbehörde zufolge der 92. Brigade der ukrainischen Armee an. Sie sollen ihre Haft in Strafkolonien der höchsten Sicherheitsstufe verbüßen. Dies deutet darauf hin, dass sie nicht als Kriegsgefangene behandelt werden.

Die Generalstaatsanwaltschaft erklärte weiter, die Männer hätten auf russische Sicherheitskräfte und Zivilisten geschossen und sie so an der Fortbewegung und am Verlassen eines Gebiets gehindert. Zudem hätten die fünf ukrainischen Soldaten „Beobachtungspositionen und Geschützstände“ eingerichtet und Straßen vermint.

Die Staatsanwaltschaft veröffentlichte Aufnahmen der Angeklagten, die in russischer Gefängniskleidung bei Schneefall zu dem Gericht in Moskau gebracht wurden. Die in Handschellen gelegten Männer gingen gebückt und wurden von maskierten und bewaffneten Männern in Tarnkleidung begleitet.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche bei seinem ersten Besuch in der Region Kursk seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 gesagt, in Kursk eingesetzte ukrainische Soldaten müssten „als Terroristen“ behandelt werden.

Die ukrainische Armee war im August 2024 in die russische Grenzregion Kursk eingerückt. Der russischen Armee ist es nach Monaten gelungen, einen großen Teil des Territoriums wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.

Russlands „weit verbreitete und systematische“ Anwendung von Verschleppung und Folter gegen die ukrainische Bevölkerung ist nach Einschätzung der Vereinten Nationen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Eine große Zahl von Zivilistinnen und Zivilisten sei in Gebieten, die unter russische Kontrolle gerieten, gefangengenommen oder nach Russland deportiert worden, hieß es in einem neuen Bericht der Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission der UNO. Dort seien einige Folter und sexualisierter Gewalt ausgesetzt gewesen.

„Beides wurde als Teil eines groß angelegten und systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung und im Rahmen einer koordinierten staatlichen Politik verübt.“ Russland habe es auch unterlassen, den Aufenthaltsort vermisster Personen mitzuteilen. Im Krieg zwischen der Ukraine und Russland wurden im vergangenen Jahr 50.000 Menschen als vermisst gemeldet, teilte das Internationale Komitee des Roten Kreuzes im Februar mit.