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news/APA/Donnerstag, 24.10.24, 16:44:20

Rosenkranz ist erster blauer Nationalratspräsident

Walter Rosenkranz ist erster Nationalratspräsident aus dem Lager der FPÖ. Bei der Abstimmung im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Nationalrats erhielt er 100 von 162 gültigen Stimmen. Das entspricht 61,7 Prozent. Für die Posten des Zweiten Präsidenten und der Dritten Präsidentin sind Peter Haubner bzw. Doris Bures nominiert. Rosenkranz' Ergebnis liegt klar unter dem von Wolfgang Sobotka vor fünf Jahren (88 Prozent), aber über jenem beim ersten Antritt Sobotkas (61,3).
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Gleich 20 Mandatare wählten ungültig, einer verzichtete auf eine Stimmabgabe. Von den gültigen Stimmen konnte Rosenkranz 100 auf sich vereinen, was bedeutet, dass er 43 aus anderen Parteien als der FPÖ erhalten hat. 26 Stimmen entfielen auf den bisherigen Dritten Präsidenten Norbert Hofer, der von den Freiheitlichen nicht mehr aufgestellt, sondern als Spitzenkandidat ins Burgenland gesandt wurde. 23 Mal wurde Bures auf den Stimmzettel geschrieben. Die Grünen hatten angekündigt sie zu wählen. Zu ihren 16 Stimmen kamen offenbar noch sieben hinzu.

Rosenkranz gab sich in seiner Antrittsrede versöhnlich. Er wolle die Geschicke des Hauses mit den anderen Mitgliedern des Präsidiums im konstruktiven Einvernehmen lenken, und auch die Mitglieder der fünf Parlamentsklubs könnten mit ihren Anliegen stets zu ihm kommen. „Unterstellungen“, er könne Sitzungen nicht einberufen und die Demokratie so behindern, wies er zurück: „Solche Horrorszenarien sind bei mir unangebracht.“ Unter ihm fortgesetzt werden soll die Bekämpfung des Antisemitismus, sagte Rosenkranz, der Mitglied einer schlagenden Burschenschaft ist. Schließlich ist der Nationalratspräsident auch Vorsitzender des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus. Was Holocaust-Gedenkfeiern im Parlament anbelangt, ist Rosenkranz bereit, zugunsten eines seiner Stellvertreter zur Seite zu treten, sollte seine Person hinderlich sein. Die Abgeordneten forderte er auf, von Diffamierung und Herabwürdigung in Debatten Abstand zu halten. Gleichzeitig sprach er sich für die Liveübertragung aus Untersuchungsausschüssen aus.

Zuvor hatte der scheidende Nationalratspräsident Sobotka noch einmal das Wort an die Abgeordneten gerichtet, bevor er den Vorsitz an Rosenkranz übergab. Er scheide „nicht mit Wehmut sondern mit großer Dankbarkeit“ aus dem Amt. Sobotka dankte explizit seinen Stellvertretern in der letzten Legislaturperiode, Bures und Hofer, ebenso wie den Klubobleuten und den Klubdirektoren der anderen Fraktionen sowie den Mitarbeitern des Parlaments, die allesamt hervorragende Arbeit geleistet hätten. Danach ließ er die Renovierung des Hauses Revue passieren und hob die Rolle des Parlaments hervor, was die zeitgenössische Kunst anbelangt, ohne konkret auf die zuletzt von ihm angeschafften Skulpturen des österreichischen Künstlers Erwin Wurm einzugehen. Auch warnte er vor der Schwächung der liberalen Demokratie und dem neuerlichen Aufkommen des Antisemitismus.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl hatte in der Debatte zur Wahl gemeint, es gehe hier gar nicht um Usancen, sondern darum, dem Wählerwillen Rechnung zu tragen. Das werde auch seine Fraktion machen, indem sie die Kandidaten für den Zweiten Präsidenten bzw. die Dritte Präsidentin unterstützen werde.

Eine Zusage kam danach von ÖVP-Klubobmann Karl Nehammer nicht. Immerhin betonte er, dass man den Wahlvorschlag „ernst nehme“ und auch „unterstützen“ könne. Eine formale Empfehlung gab es nicht. Der geschäftsführende Klubchef August Wöginger erklärte dagegen, Rosenkranz zu wählen. Er ging davon aus, dass der größte Teil seines Klubs das ebenso halten werde: „Wir legen das Amt sozusagen in deine Hände.“ Alle VP-Mandatare waren dem Aufruf nicht gefolgt. Denn FPÖ und ÖVP verfügen gemeinsam über 108 Stimmen.

Distanzierter war in der Debatte die Wortwahl von SPÖ-Fraktionschef Andreas Babler. Das Vorschlagsrecht obliege der FPÖ. Jedermann habe dann das Recht zu entscheiden, ob der von den Freiheitlichen aufgestellte Kandidat die geeignete Wahl sei. Der Präsident müsse das Ansehen und die Würde des Hohen Haus hoch halten und dürfe keine Berührungspunkte zu Rechtsextremen haben.

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bedankte sich dafür, dass Rosenkranz ihrer Einladung gefolgt und zu einem Austausch mit den NEOS-Abgeordneten gekommen sei. Eine Zusage für die Wahl verband sie damit freilich nicht: „Eine geheime Wahl ist eine geheime Wahl.“ Jeder und je werde seinem bzw. ihrem Gewissen folgen. Klubvize Nikolaus Scherak forderte die Abgeordneten gut auf nachzudenken, wen sie wählen. Denn der Präsident sei die fünf Jahre nicht abwählbar.

Ein kategorisches Nein zu Rosenkranz kam von Grünen-Fraktionschef Kogler: „Der Soldat einer rechten Partei soll hier Präsident werden.“ Die Republik habe sich etwas anderes, etwas besseres verdient als den Vertreter einer Partei, der keine Berührungsängste zu Rechtsextremen wie den Identitären habe.