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news/APA/Dienstag, 11.02.25, 17:17:39

Rätselraten um Koalitionsgespräche nach scharfer ÖVP-Kritik

Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind am Dienstag fortgesetzt worden. Nach scharfen Tönen aus den Reihen der ÖVP wurden die Parteichefs Herbert Kickl und Christian Stocker am Nachmittag getrennt in der Hofburg bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen erwartet. Aus Sicht der Blauen sind die Verhandlungen nicht gescheitert, hieß es zur APA. Gleichzeitig sei man sich bewusst, dass man nun aufs Tempo drücken müsse. Aus der ÖVP gab es noch keine Stellungnahme.
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Das Gespräch mit Van der Bellen mit beiden Parteien sei bereits am Montag vereinbart worden, hieß es seitens der FPÖ auf APA-Anfrage. „Wir meinen es ernst und sind uns zugleich bewusst, dass die Zeit drängt und wir aufs Tempo drücken müssen – und das werden wir auch.“ Gegen 17 Uhr kam Kickl in Begleitung seines Vertrauten Reinhard Teufel in der Hofburg an.

Kritische Stimmen aus den Reihen der ÖVP ließen zuvor den Tag über vermehrt Zweifel an einem erfolgreichen Abschluss aufkommen. Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer als einer der maßgeblichen ÖVP-Verhandler stellte der FPÖ noch vor Gesprächsbeginn die Rute ins Fenster: „Wer nicht konsensbereit ist, und sich nur im Machtrausch befindet, der ist möglicherweise nicht regierungsfit“, wurde er in der „Krone“ zitiert.

Kritik kam auch vom Obmann der Wiener Volkspartei, Karl Mahrer. „Meine kritische Haltung zu Herbert Kickl hat sich zuletzt erneut bestätigt“, sagt er zum „Standard“. „Kickl will offenbar keine stabile und handlungsfähige Regierung – er setzt auf totale Kontrolle und Macht. Wir setzen auf Verantwortung. Herbert Kickl muss sich endlich klar werden, was er möchte – sonst scheitert er.“ ÖVP-EU-Delegationsleiter Lopatka hält eine Einigung auf eine Koalition mittlerweile für „sehr, sehr unwahrscheinlich“, sagte er gegenüber der „Kleinen Zeitung“. Er sieht seitens der FPÖ keine Bereitschaft für einen pro-europäischen Richtungswechsel: „Da hat es wenig Sinn, noch weiter zu tun.“

Am Nachmittag rückte schließlich auch Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec aus, um den FPÖ-Chef zu tadeln: „Von Herbert Kickl ist keine Kompromissbereitschaft zu sehen. Daher ist eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ schwer möglich“, meinte sie in einer Aussendung. „Wichtig ist, dass die Bevölkerung rasch eine stabile und auf Konsens ausgerichtete Regierung bekommt.“

Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wandte sich am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz in St. Pölten an Kickl. „Wenn ich Bundeskanzler dieser Republik werden will, dann ist das auch eine ganz große Verantwortung. Mit dieser Verantwortung verbunden ist natürlich auch die Kompromissfähigkeit und vor allem auch die Fähigkeit, Brücken zu bauen, um Kompromisse und gemeinsame Zugänge zu schaffen.“

Beim Eintreffen im Parlament zur Verhandlungsrunde gegen Mittag hatten sich die Chefverhandler selbst dagegen versöhnlich gezeigt. Die Verhandlungen gingen selbstverständlich weiter, meinte ÖVP-Chef Christian Stocker. FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach von „fünf guten Jahren“, die man bescheren wolle. In die Karten ließ man sich nicht. Das Innenministerium sei „ein wichtiges Ressort“ und eine freiheitliche Kernkompetenz, „mit dieser Einstellung gehen wir in die Verhandlungen“, sagte Kickl auf die Frage, ob seine Partei auf dem von beiden Seiten beanspruchten Ministerium beharren werde. Es gehe um die inhaltliche Basis, daraus würden sich auch die Ressortverantwortlichkeiten ableiten, meinte sein Verhandlungsgegenüber von der ÖVP Stocker.

Am Vorabend hatten sich die Chefverhandler nach tagelangen Querelen erstmals wieder zusammengesetzt. Die ÖVP übergab dabei der FPÖ ein zweiseitiges Papier mit „Grundlinien“, die außer Streit gestellt werden sollten, etwa eine klare europäische Positionierung. In dem Schreiben mit dem Titel „Gemeinsame Grundlinien außer Streit stellen“ wird unter anderem gefordert, dass mit „einer Stimme in Europa“ gesprochen werde. Gefordert wurde unter anderem auch, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine klar verurteilt werden müsse sowie ein Bekenntnis zu Sky Shield.