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news/APA/Mittwoch, 12.03.25, 20:50:12

Putin besucht Kursk erstmals seit ukrainischem Angriff

Der russische Präsident Wladimir Putin hat erstmals seit dem ukrainischen Vordringen in die russische Oblast Kursk das Gebiet an der Grenze zur Ukraine besucht. Die russischen Truppen sollten den Feind in Kursk besiegen und das Gebiet vollständig befreien, sagte Putin am Mittwoch. Generalstabschef Waleri Gerassimow erklärte, die ukrainischen Einheiten in Kursk seien eingekesselt und die Pläne der ukrainischen Regierung gescheitert.
APA/APA/AFP/ROMAN PILIPEY

Die russischen Streitkräfte hätten mehr als 1100 Quadratkilometer von den ukrainischen Truppen zurückerobert, sagte Gerassimow den staatlichen russischen Nachrichtenagenturen RIA und Interfax zufolge. Das ukrainische Militär war im August in Kursk eingerückt und hatte mindestens 1300 Quadratkilometer unter seine Kontrolle gebracht.

Die russische Armee nahm nach eigenen Angaben 430 ukrainische Soldaten in Kursk gefangen. „Die ukrainischen Soldaten haben gesehen, dass es keinen Sinn ergibt, weiter zu kämpfen und haben sich aktiv ergeben“, sagte Gerassimow am Mittwoch zu Präsident Putin bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen. Die Kämpfer sollten „entsprechend der Gesetze der Russischen Föderation wie Terroristen behandelt“ werden. In den vergangenen Tagen startete Russland eine großangelegte Fallschirmjägeroffensive aus mehreren Richtungen, um die Versorgungslinien der Ukraine und mögliche Rückzugsrouten abzuschneiden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Mittwoch vor Journalisten, die russische Armee versuche, in Kursk „maximalen Druck“ auf die ukrainischen Truppen aufzubauen. Seine Regierung tue jedoch „alles, was möglich ist“, um die ukrainischen Soldaten zu schützen.

Bei ukrainischen Angriffen in Kursk wurden am Mittwoch russischen Angaben zufolge mindestens vier Fabrikangestellte getötet. Das angegriffene landwirtschaftliche Unternehmen befindet sich demnach in dem Dorf Kosirewka, etwa 15 Kilometer von den heftigen Kämpfen zwischen der ukrainischen und der russischen Armee entfernt.

Die neuen Angriffe auf beiden Seiten erfolgten unmittelbar nach Gesprächen zwischen den Delegationen der USA und der Ukraine in Saudi-Arabien, bei denen die Vertreter aus Kiew einer 30-tägigen Waffenruhe mit Russland zugestimmt hatten. Die USA sagten wiederum zu, ihre zwischenzeitlich gestoppte Militärhilfe für das von Russland angegriffene Land wiederaufzunehmen. Moskau reagierte bisher verhalten auf die Einigung. Russland rechne damit, in den kommenden Tagen genauer von Washington informiert zu werden, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Bei einem russischen Raketenangriff auf die südukrainische Hafenstadt Odessa kamen Behördenangaben zufolge vier Menschen getötet und ein Frachtschiff beschädigt worden. Bei den Toten handle es sich um syrische Staatsbürger, erklärte der ukrainische Vize-Regierungschef Oleksij Kuleba am Mittwoch. Bei Angriffen im Süden und Osten der Ukraine wurden nach Behördenangaben vier weitere Menschen getötet. Moskau meldete indes weitere Geländegewinne in der westrussischen Region Kursk.

Der russische Angriff in Odessa erfolgte laut Kuleba in der Nacht zum Mittwoch während der Beladung des Frachtschiffs mit Weizen. „Das jüngste Opfer war 18 Jahre alt, das älteste 24“, erklärte der ukrainische Vize-Regierungschef. „Zwei weitere Menschen wurden verletzt, ein Ukrainer und ein Syrer“, fügte er hinzu. Das Frachtschiff sei rein zivil genutzt worden. „Russland greift die ukrainische Infrastruktur an, darunter Häfen, die zur Lebensmittelsicherheit in der Welt beitragen“, erklärte Kuleba weiter.

Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, dass Russland die Ukraine in der Nacht insgesamt mit drei Raketen und 133 Drohnen angegriffen habe. 98 Drohnen seien abgeschossen worden. In der Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Krywyj Rih, wurde laut Behördenangaben eine 47-jährige Frau bei einem Raketenangriff getötet. Bei russischen Luftangriffen in der östlichen Region Donezk wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft drei weitere Menschen getötet.

Die ukrainischen Truppen in Kursk werden dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Olexander Syrskyj, zufolge ihren Einsatz „so lange wie angemessen und nötig“ fortsetzen. Die Kämpfe am Stadtrand von Sudscha in Kursk hielten an, teilt er auf Facebook mit. Die ukrainischen Truppen würden bei Bedarf in günstigere Positionen verlegt, erklärt Syrskyj. Die Rettung des Lebens der Soldaten habe Vorrang. Russland versuche, die ukrainischen Einheiten aus Kursk zu vertreiben und die Kämpfe in die ukrainischen Grenzgebiete zu verlagern.

Die russische Armee erklärte unterdessen, sie habe fünf Dörfer in Kursk von den ukrainischen Truppen zurückerobert. Staatsmedien berichteten sogar von einem Eindringen russischer Truppen in Sudscha, was von Behörden jedoch nicht bestätigt wurde. Russische Medien veröffentlichten Videos, die zeigen sollen, wie russische Soldaten im Zentrum Sudschas Fahnen schwenkten. Die Stadt stellt die wichtigste Position der ukrainischen Armee in der Region dar – eine Rückeroberung durch die russische Armee wäre ein herber Rückschlag für Kiew.

Angesichts weiterer Geländegewinne in den vergangenen Tagen sprach der Kreml von einer „positiven Dynamik“ in Kursk. Die russischen Truppen rückten erfolgreich in der Region vor, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Am Dienstag hatten sie bereits Geländegewinne von „mehr als hundert Quadratkilometern“ vermeldet.

Die Ukraine hatte im vergangenen Sommer eine Offensive in der grenznahen russischen Region Kursk gestartet. Russland gelang es nach eigenen Angaben inzwischen aber, große Teile der anfangs von der Ukraine besetzten Gebiete wieder unter seine Kontrolle zu bringen.