apa.at
news/APA/Sonntag, 02.03.25, 17:14:46

NEOS-Basis für Koalition, Angelobung Montagvormittag

Die NEOS-Mitgliederversammlung hat für eine Koalition mit ÖVP und SPÖ gestimmt, das 211-seitige Koalitionsprogramm wurde am Sonntag mit 94,13 Prozent der Stimmen abgesegnet. Laut Parteistatut braucht es zumindest eine Zweidrittel-Mehrheit der pinken Basis. Damit wurde die letzte Hürde für eine Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS genommen, schon am Montag wird sie angelobt.
APA/APA/TOBIAS STEINMAURER/TOBIAS STEINMAURER

Bei ÖVP und SPÖ hat der jeweilige Vorstand schon am Freitag Regierungsprogramm und Ministerliste zugestimmt. Nach dem Ja der NEOS-Basis steht einer Angelobung der neuen Bundesregierung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montagvormittag nichts mehr im Weg, der Termin soll laut Aussendung der Präsidentschaftskanzlei um 11 Uhr stattfinden. Um 12.40 Uhr folgt die Amtsübergabe vom scheidenden Bundeskanzler Alexander Schallenberg an seinen Nachfolger Christian Stocker (beide ÖVP) im Bundeskanzleramt. Die Regierungserklärung im Nationalrat könnte dann am Freitag folgen.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, die als Außenministerin vorgesehen ist, bedankte sich nach Bekanntgabe des Ergebnisses bei den jubelnden Mitgliedern in der Ballonhalle im Wiener Arsenal. „Die Arbeit beginnt“, rief sie. Nun wolle sie nach der vielen Arbeit der letzten Wochen und der vielen Arbeit, die ab morgen auf sie zukomme, einmal feiern.

Vor der Abstimmung hatte sie bei der Parteibasis für die geplante schwarz-rot-pinke Dreierkoalition geworben. Das Programm trage eine starke pinke, liberale, proeuropäische Handschrift. Im Jänner habe es gute Gründe gegeben, von den Dreierverhandlungen aufzustehen. In der zweiten Runde sei aber vieles anders gewesen. Die NEOS hätten viele wichtige Punkte in das Regierungsprogramm einbringen können. Dabei sei klar, dass die Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ noch nicht vorbei seien. „Die beginnen ab morgen, fünf Jahre lang“, so Meinl-Reisinger, bei deren Rede es mehrfach Standing Ovations gab.

Die NEOS sollten zeigen, „dass wir liefern können und dass wir liefern werden“, hatte zuvor der als Bildungsminister vorgesehene Wiener Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr an die Mitglieder appelliert. „Das wird hart, was vor uns steht“, betonte er, denn in der Regierung gehe es darum, Visionen auch umzusetzen. Natürlich könnte man auch ÖVP und SPÖ alleine regieren lassen. „Aber den Luxus des Abwartens können wir uns nicht leisten“. Österreich brauche einen wirtschaftlichen Aufschwung, es dürfe nicht weiter Stillstand an den Schulen geben, in der aktuellen geopolitischen Lage brauche es eine handlungsfähige Regierung und ein vereintes Europa.

Nach den Parteispitzen konnten sich die Mitglieder selbst zu Wort melden. So hatten etwa LIF-Gründerin Heide Schmidt und Hans Peter Haselsteiner für ein Ja geworben. „Die Alternative, Nein zu sagen, wäre eine existenzgefährdende Entscheidung am heutigen Tag als Parlamentspartei der NEOS“, hatte der Industrielle und Ex-Politiker gewarnt. Lobende Stimmen gab es von anderen Mitgliedern vor allem für die Regierungspläne in den Bereichen Bildung, Behinderung und der Unterstützung für die Ukraine. Betont wurde auch der Wille der NEOS, mitzugestalten.

Skeptiker trauten sich kaum auf die offene Bühne. Das Wiener Parteimitglied Stephan Mittelbach sah etwa „kein Arbeitsprogramm, das ist ein Hoffnungspapier“. Die NEOS-Gründerväter würden hier nicht zustimmen, ÖVP und SPÖ sprach er den Willen und die Fähigkeit zum Sparen ab. Josef Schellhorn, der Staatssekretär für Deregulierung werden soll, hatte zuvor damit geworben, dass drei Viertel der Budgetsanierung ausgabenseitig gelingen soll.

Insgesamt haben 1.737 NEOS-Mitglieder ihre Stimme abgegeben, 1.635 haben für das Regierungsprogramm gestimmt, 102 dagegen. Vor der Abstimmung war von der Parteispitze bereits bei Online-Dialogen intensiv für das Programm und um Zustimmung der Basis geworben worden. Vor Ort lagen Infozettel aus, in denen „die zehn wichtigsten Erfolge“ der NEOS im Regierungsprogramm aufgezählt wurden, darunter das geplante zweite verpflichtende Kindergartenjahr, eine Budgetsanierung vor allem über Strukturreformen, ein Anti-Bürokratie-Programm oder ein verpflichtendes Integrationsprogramm ab Tag eins.

Im 30-köpfigen Erweiterten Bundesparteivorstand waren Regierungsprogramm und Personalpaket bereits am Donnerstagabend abgesegnet worden – und zwar einstimmig. Dabei hatte es im Vorfeld durchaus kritische Stimmen gegeben.

Mit Häme reagierte die FPÖ auf die Abstimmung. Die älteste aller Systemkoalitionen in Österreich habe nun auch offiziell ihre „pinken Stützräder“, so Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Wer bei der Nationalratswahl im September an das Versprechen der Veränderung geglaubt habe, wache nun mit einer „‚Weiter wie bisher – nur schlechter‘-Koalition“ auf, so der FPÖ-Generalsekretär. Für zwei Ministerposten habe Meinl-Reisinger NEOS-Grundsätze wie den Kampf gegen den aufgeblasenen und intransparenten Kammerstaat verraten.