apa.at
news/APA/Donnerstag, 06.02.25, 19:21:13

Koalitionsverhandlungen werden wieder aufgenommen

Die nach heftigeren Differenzen unterbrochenen Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP werden nun auch auf Chefebene wieder aufgenommen. Das erklärten FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Obmann Christian Stocker am Donnerstag. Zuvor hatte es gröbere Unstimmigkeiten gegeben, Hauptstreitpunkt war die Ressortverteilung. Nach Gesprächen von Stocker am Mittwoch und Kickl am Donnerstag mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sollen die Verhandlungen nun fortgesetzt werden.
APA/GEORG HOCHMUTH

„Die auf Chefverhandlerebene zuletzt unterbrochenen Gespräche mit der Österreichischen Volkspartei zur Bildung einer Bundesregierung werden ehebaldigst fortgesetzt“, erklärte Kickl nach einem diesbezüglichen Telefonat mit Stocker in einer Aussendung.

Stocker bestätigte die Fortsetzung in einer Mitteilung auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter). Die ÖVP begründete dies mit der Verantwortung für das Land: „Verantwortung ist ein zentraler Grundwert der Volkspartei, der unser Handeln auch in fordernden Zeiten leitet“, schrieb die Partei ebenfalls auf X. „Aus Verantwortung für Österreich setzt unser Bundesparteiobmann (Stocker, Anm.) die Regierungsverhandlungen mit der FPÖ ehebaldigst fort. Wir brauchen eine stabile Regierung – für die Menschen und Österreich!“

Wann die Gespräche zwischen den Parteichefs bzw. den Chefverhandlern konkret fortgesetzt werden, wurde vorerst noch nicht kommuniziert. Laut APA-Informationen nach sollte es jedenfalls noch diese Woche soweit sein, vermutlich bereits am Freitag. Die Stolpersteine, die zum Stopp der Gespräche auf Chefebene geführt hatten, sind dem Vernehmen nach derzeit aber nach wie vor vorhanden.

Bundespräsident Van der Bellen hat indes – offenbar wegen der Koalitionsverhandlungen – einen für Samstag geplanten Besuch der Damenabfahrt bei der Ski-Weltmeisterschaft in Saalbach abgesagt, wie die „Kleine Zeitung“ berichtete. In der Präsidentschaftskanzlei bestätigte man auf APA-Anfrage lediglich die Absage, äußerte sich aber nicht näher zu den Gründen.

Der Streit zwischen FPÖ und ÖVP war am Dienstag eskaliert, nachdem Kickl seinem Gegenüber Stocker einen Vorschlag zur Aufteilung der Ministerien unterbreitet hatte. Dieser war für die Volkspartei „nicht annehmbar“, entspreche nicht dem Wahlergebnis und sei damit nicht auf Augenhöhe, hieß es am Donnerstag vor dem nun offenbar kalmierenden Telefonat aus ÖVP-Kreisen. Man habe daher nach interner Abstimmung am Mittwoch den Freiheitlichen einen Gegenvorschlag unterbreitet, der „gerne auf dem Verhandlungstisch besprochen werden kann, wenn Herbert Kickl die von ihm unterbrochenen Gespräche fortsetzen will“.

Diese Darstellung der ÖVP verärgerte daraufhin die FPÖ. Gegenüber der APA wurde dementiert, dass man ein Gegenangebot der ÖVP bekommen habe. Es habe am Mittwoch lediglich ein „atmosphärisches Gespräch zwischen zwei Mitgliedern der Chefverhandlergruppe“ – es soll sich dabei nicht um die Parteichefs handeln – gegeben, mehr nicht. Darüber hinaus stellte man seitens der FPÖ erbost in Abrede, die Verhandlungen am Dienstag unterbrochen zu haben, wie die Volkspartei behauptete. Kickl habe Stocker die Liste unterbreitet, Stocker habe daraufhin interne Beratungen angekündigt und sei gegangen.

Jene kleine Runde mit den Parteichefs, die am Dienstag zusammengekommen war, sollte eigentlich über ungelöste inhaltliche Brocken reden – doch relativ rasch soll es dann um die Aufteilung der Ministerien gegangen sein. Die FPÖ beansprucht dabei Ressorts, die auch der ÖVP besonders wichtig sind – etwa Finanzen und Inneres, aber auch die Europaagenden. Man ging daraufhin am späten Dienstagnachmittag recht erbost auseinander, die ÖVP sprach von einer „schwierigen Phase“.

Seither herrschte Funkstille zwischen den Parteichefs, auch wenn am gestrigen Mittwoch noch Untergruppen weiterverhandelten. Die Stimmung hatte sich noch einmal verschärft, als Kickl am Mittwoch per Facebook den blauen Anspruch auf das Finanz- und Innenressort untermauert hat – in der ÖVP gab man sich darob „überrascht“.

Am Mittwochnachmittag hatte Stocker einen Termin bei Van der Bellen. Was dort konkret besprochen wurde, blieb ebenso im Verborgenen wie der Inhalt des Gesprächs mit Kickl. Die Präsidentschaftskanzlei bestätigte am Donnerstagnachmittag gegenüber der APA lediglich die Gespräche mit den beiden Parteichefs, gab allerdings keine Inhalte der Gespräche preis. Es sei mit beiden Verhandlungspartnern Vertraulichkeit vereinbart worden. Derzeit ist auch nicht geplant, dass sich das Staatsoberhaupt zur aktuellen Situation zu Wort meldet.

Die Postenvergabe war zuletzt freilich nicht der einzige offene Punkt in den Verhandlungen. Vielmehr sind nach Informationen der APA wesentliche Punkte in den Untergruppen auf „rot“ gestellt, vor allem in jenen zu Außenpolitik oder Medien, aber beispielsweise auch teilweise im Bereich Finanzen und Steuern. Um diese ungelösten Fragen sollen sich die Chefverhandler kümmern, dort dürfte man bisher aber nicht wirklich weitergekommen sein. Auch nach der Bekanntgabe der Wiederaufnahme der Gespräche dürfte sich an diesem Stand nichts geändert haben.

Noch immer keine Bewegung von beiden Seiten soll es bei der von den Freiheitlichen geforderten Bankenabgabe geben. Auch gegen einen finanziellen Beitrag der Kammern zur Budgetsanierung dürfte sich der türkise Wirtschaftsflügel querstellen. Dazu kommen weitere Streitpunkte wie die von der FPÖ gewünschte Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe, das Raketenabwehrsystem Sky Shield und eine gemeinsame Linie bei der Europapolitik.