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news/APA/Freitag, 03.01.25, 17:26:22

Koalitionsverhandlungen geplatzt, NEOS steigen aus

Die Verhandlungen für eine Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und NEOS im Bund sind geplatzt. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger erklärte am Freitag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Wien, dass ihre Partei aussteigt. Am Vortag hatten die drei Parteivorsitzenden bis in die Nacht verhandelt. Das weitere Vorgehen war vorerst unklar, Bundespräsident Alexander Van der Bellen bat die verbliebenen Verhandler am Freitagnachmittag in die Hofburg.
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SPÖ-Chef Andreas Babler traf am Nachmittag zu einem rund einstündigen Austausch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen zusammen. Davor hatte er ÖVP-Obmann Karl Nehammer getroffen, der nach Babler Gast in der Hofburg war. Über den genauen Inhalt der Unterredungen war vorerst nichts zu erfahren. Ein für den Nachmittag angekündigtes Statement Bablers wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Davor soll noch eine Präsidiumssitzung der SPÖ stattfinden.

Auch seitens Nehammer könnte es noch am Freitag ein Statement geben, eventuell auch erst am Samstag. Am späten Freitagnachmittag tagte jedenfalls der ÖVP-Parteivorstand, danach ist eine Klubsitzung geplant. Die Stimmung dürfte nicht gerade heiter sein, brodelt es doch seit Wochen vor allem aus dem Wirtschaftssektor der Partei.

Meinl-Reisinger erklärte am Vormittag bei ihrem kurzfristig einberufenen Presseauftritt, sie habe Nehammer und Babler sowie Bundespräsident Van der Bellen Freitagfrüh von der Entscheidung, die Verhandlungen zu verlassen, informiert. Vorausgegangen sei die Erkenntnis, dass kein Durchbruch mit „Schwarz-Rot“ erzielt werden konnte. Für grundsätzliche Reformen habe es diese Woche mehrfach ein Nein gegeben.

Die NEOS vermissten zuletzt in den Verhandlungen bei mehreren Projekten Reformwillen – von Pensionen bis zu Föderalismusreform im Sinne von Kompetenzänderungen zwischen Bund und Ländern. Der Entschluss, aus den Verhandlungen auszusteigen, sei am Donnerstagabend in der pinken Steuerungsgruppe einstimmig gefallen, erfuhr die APA.

Die NEOS seien nicht naiv in die Verhandlungen gegangen und hätten sich bis zuletzt um Kompromissvorschläge bemüht, betonte Meinl-Reisinger. Aber in den letzten Tagen sei der Eindruck entstanden, dass in zentralen Fragen „leider nicht nur keine Fortschritte, sondern eigentliche Rückschritte gemacht wurden“. Wieder einmal werde nur bis zum nächsten Wahltag gedacht und zum Schluss stehe ein Abtausch wie „auf einem Bazar“, kritisierte die NEOS-Chefin. Sie sprach von „Kurzsichtigkeit“, ohne mit Schuldzuweisungen konkreter zu werden.

Namentlich dankte Meinl-Reisinger nur den Vertretern der ÖVP, Bundeskanzler Nehammer und Klubobmann August Wöginger, denen sie auch den Willen zu Reformen und den Blick über den Tellerrand zuerkannte. In Bezug auf die SPÖ zeigte die pinke Parteichefin Verständnis, dass der Weg für die Sozialdemokratie in vielen Bereichen weiter sei, appellierte aber an die „staatspolitische Verantwortung, den Standort nicht aus dem Blick zu lassen“. ÖVP und SPÖ habe sie versichert, dass man weiter konstruktiv die Hand reichen werde und das bisher am Verhandlungstisch Erreichte auch im Parlament unterstützen werde.

ÖVP, SPÖ und NEOS hatten seit Mitte November über die Bildung einer gemeinsamen Dreierkoalition verhandelt. Knackpunkt war dabei von Anfang an das Thema Budget und Steuern – verschärft durch den großen Konsolidierungsbedarf.

Die ÖVP reagierte am Freitag mit einer Schuldzuweisung an die SPÖ. „Das Verhalten von Teilen der SPÖ hat zur aktuellen Situation geführt“, meinte Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung. „Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen“, so Stocker.

Nötig seien nachhaltige Veränderungen und Reformen, um Beschäftigung und Wohlstand zu halten, die Pensionen abzusichern sowie Sicherheit und klare Regeln in der Integration durchzusetzen. Offen ließ er, wie die ÖVP nun weiter zu tun gedenkt. ÖVP und SPÖ kommen gemeinsam im Nationalrat auf eine hauchdünne Mehrheit von einem Mandat Überhang. Sie könnten nun versuchen, eine Zweierkoalition zu bilden oder die Grünen als dritten Partner dazunehmen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim wies im Ö1-„Mittagsjournal“ die Schuld von sich. Die NEOS hätten versucht, mit ihren neun Prozent der Wählerstimmen 100 Prozent ihres Wahlprogramms durchzubringen. „Offensichtlich haben sie jetzt gemerkt, dass ihnen das Ganze eine Nummer zu groß geworden ist.“

Abwartend und gleichzeitig kritisch äußerten sich die Grünen, die alternativ ein potenzieller Partner einer Dreier-Koalition mit ÖVP und SPÖ wären. Bundessprecher Werner Kogler schrieb auf Social-Media-Kanälen, dass Volkspartei, Sozialdemokraten und NEOS nun erklären müssten, warum sie die Republik monatelang warten ließen und dann nichts zustande brächten: „Nach Sand im Getriebe und gegenseitigem Abputzen sehen wir jetzt eine Flucht aus der Verantwortung. Ein Schauspiel, das weiterer Aufklärung bedarf.“

Die FPÖ warnte am Freitag vor einer neuen Dreier-Variante und forderte den umgehenden Rücktritt Nehammers. „Nehammer muss sich umgehend zu den Vorgängen äußern. Er verursacht stündlich größeren Schaden“, so der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz. Parteichef Herbert Kickl sprach von einer „politischen Missgeburt der Verlierer-Ampel“.