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news/APA/Mittwoch, 12.02.25, 14:08:58

Koalitionsgespräche stehen auf der Kippe

Die Koalitionsverhandlungen sind nun wohl endgültig in eine entscheidende Phase getreten. Nach einem Gespräch mit VP-Obmann Christian Stocker trifft FP-Chef Herbert Kickl den zweiten Tag in Folge Bundespräsident Van der Bellen. Kurz vor 14 Uhr traf er in der Hofburg ein. Obwohl alles nach Scheitern aussieht, sagte Kickl vor seiner Fahrt Richtung Ballhausplatz, das Gespräch mit Stocker sei "gut" gewesen. Alles nähere höre man dann nach dem Termin mit Van der Bellen.
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Sowohl FPÖ als auch ÖVP machten am Mittwoch neue Vorschläge zur Ressortaufteilung, die jeweils von der anderen Seite prompt abgelehnt wurden. Danach gab es ein Telefonat der Parteivorsitzenden und schließlich auf Vermittlung Van der Bellens ein persönliches Gespräch. Schon eine Stunde später war nach APA-Informationen der Austausch der beiden wieder vorbei. Wo dieser stattfand, ist nicht bekannt.

Kickl hatte am Vormittag in einem Video noch klargestellt, dass es nicht an der FPÖ liege, dass jetzt ständig über Ministerien gesprochen werde. Das sei Wunsch der ÖVP gewesen. Die Freiheitlichen hätten lieber davor die Inhalte geklärt. In die selbe Kerbe schlug etwas später FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker, der dem Verhandlungspartner ebenfalls via FPÖ-TV vorwarf, seit zwei Wochen nur mehr über Posten reden zu wollen anstatt über Inhalte.

Am Mittwoch war es für einmal die FPÖ gewesen, die vorpreschte und medial jenes Angebot präsentierte, das man am Vortag der ÖVP auf den Tisch gelegt hatte. In diesem blieben die beiden umstrittenen Ministerien, jenes für Finanzen und Inneres, bei den Freiheitlichen. Der ÖVP wurde nun neu Soziales zugestanden, dafür würden sich die Freiheitlichen Arbeit sichern. Insgesamt hätte die Volkspartei sogar ein Amt mehr als die FPÖ.

Der ÖVP gefällt das Offert offenbar nicht. Denn man sandte am Mittwoch einen eigenen Vorschlag aus. Dieser enthält zwei Varianten, die jeweils das Innenministerium bei der Volkspartei sehen. Bei einem Vorschlag würde man aber die Asylagenden an ein eigenes Ressort ausgliedern, das der FPÖ zukäme. Der Haken daran: In dem Fall würde das Finanzressort der ÖVP zufallen. Die andere Variante sieht einen freiheitlichen Staatssekretär für Asyl in einem VP-geführten Innenministerium vor. Das Finanzministerium fiele da der FPÖ zu.

Die FPÖ brauchte nicht lange, um das Offert abzulehnen. Ein Verbleib des Finanzministeriums bei der ÖVP würde bedeuten, dass die für die finanzielle Schieflage verantwortliche Partei dort weiterarbeiten könne. Ein geteiltes Innenressort wiederum wäre verfassungsrechtlich mit einer Vielzahl von Problemen behaftet. Staatssekretäre in Ressorts der anderen Partei habe man schon im Vorfeld ausgeschlossen.

Unabhängig von den Posten gab es weiter Kritik der ÖVP an den Freiheitlichen. Generalsekretär Alexander Pröll beklagte, dass die FPÖ immer noch nicht auf die von der Volkspartei am Montag vorgelegte Liste mit Grundsätzen für eine gemeinsame Regierung reagiert hätte. Diese enthielt etwa ein Bekenntnis zu „Skyshield“. Laut FPÖ handelt es sich bei dieser um eine Mischung aus Selbstverständlichkeiten sowie Dingen, die bereits in einer eigens eingerichteten Konsens/Dissens-Gruppe seit Beginn der Verhandlungen konstruktiv und ausführlich besprochen worden seien. Hinzu kämen einige Punkte, die auf Ebene der Chefverhandler zu diskutieren seien, wobei die ÖVP genau diese Diskussion ja verweigere, weil sie zuerst die Ressortfrage abschließend geklärt haben wolle.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sah dagegen FPÖ-Chef Kickl „im Machtrausch gefangen“, statt tragfähige inhaltliche und kompetenztechnische Kompromisse zu schließen: „Wenn er auf diesen Standpunkten beharrt, ist mit ihm kein Staat zu machen“, stellte Wallner in einer Aussendung fest. Ein Bundeskanzler müsse Dialogfähigkeit beweisen, staatsmännisch auftreten und mit allen Verantwortungsträgern zusammenarbeiten – auf Augenhöhe, mit Respekt und einer klaren proeuropäischen Haltung. Kickl aber verharre im Oppositionsmodus.

Die FPÖ mobilisierte im Gegenzug eigene Landespolitiker. Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner sah die Vorschläge der FPÖ als „Ausdruck einer bürgerlichen Zusammenarbeit“. Die FPÖ sei bereit, mit der ÖVP gemeinsam „mit dieser ehrlichen Aufteilung der Ressorts“ für unser Land arbeiten. Burgenlands FPÖ-Klubchef Norbert Hofer rückte ebenfalls zur Unterstützung der Bundespartei aus. Er dankte Kickl für dessen „Weitsicht“ beim Angebot an die ÖVP. Denn ehrlich regieren bedeute auch, ein faires Angebot zu unterbreiten. Eine bürgerliche Zusammenarbeit und ehrliche Aufteilung der Kernkompetenzen sei das, was der Standort Österreich, die Wirtschaft und auch die Bevölkerung jetzt brauchten.

Ähnlich sieht es der steirische FPÖ-Landeshauptmann Mario Kunasek: Am Rande einer Pressekonferenz am Mittwoch betonte er, dass das FPÖ-Angebot in puncto Ministerienaufteilung nach Kernkompetenzen der beiden Parteien seiner Ansicht nach „sehr fair“ sei. Die ÖVP würde nun sogar ein Ministerium mehr bekommen. Dass die FPÖ das Innenministerium wolle, sei logisch. Er wolle übrigens die „verbalen Ausritte“ von ÖVP-Chefs wie Wallner nicht kommentieren. Von einer Expertenregierung hält Kunasek nichts: „Das ist eine Regierung, die verwaltet und keine Akzente setzt, aber Österreich braucht die Politik.“ Er hoffe darauf, dass sich FPÖ und ÖVP im Bund noch einigen und eine Koalition bilden.

Wie es jetzt weitergeht, war unklar. Aus der Präsidentschaftskanzlei gab es keine Informationen, ob ein neuerlicher Besuch Kickls geplant ist. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte Dienstagabend nach Treffen mit dem FPÖ-Chef und VP-Obmann Christian Stocker klargemacht, dass er eine rasche Klärung wolle.