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news/APA/Dienstag, 14.01.25, 18:14:17

Klopp bei Red Bull vorgestellt – „Will kein Passagier sein“

Jürgen Klopp ist am Dienstagnachmittag mit einigem Pomp als neuer Head of Global Soccer bei Red Bull präsentiert worden. Eineinhalb Stunden musste der 57-jährige Deutsche den knapp 200 internationalen Medienvertretern im Hangar-7 am Salzburger Flughafen am Ende Rede und Antwort stehen. "Ich sehe mich selbst als Ratgeber", erklärte Klopp. Ein guter Ratgeber sei aber immer auch Teil von Entscheidungen. "Ich will kein Passagier sein. Ich möchte dem Ganzen einen Mehrwert geben."
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Diesen Mehrwert hat Klopp laut eigenen Angaben bereits in den ersten zwei Wochen seiner neuen Tätigkeit gesehen. „Ich war niemals in meinem Leben der Typ, der den Leuten gesagt hat, was sie zu tun haben“, betonte der frühere Erfolgscoach von Borussia Dortmund und Liverpool. Die Entscheidungen würden immer noch die Verantwortlichen in den jeweiligen Clubs treffen – von Leipzig über Salzburg bis New York. Eine Rolle im Tagesgeschäft einer Dependance ist für Klopp nicht vorgesehen.

Es lebe zwar immer noch ein Trainer in seinem Bauch. Auf das Rumpelstilzchen an der Seitenlinie wollte sich Klopp aber nicht reduziert wissen. „Mein Job war immer schon mehr das Strategische. Ich war immer an Infrastruktur und Kultur interessiert. Das Einzige, das wir jetzt abschneiden, sind die Spiele.“ Mit Liverpool holte Klopp 2019 die Champions League und 2020 den ersten Meistertitel nach 30 Jahren. Zuvor hatte er auch Dortmund zu zwei Meisterschaften (2011 und 2012) geführt.

In Liverpool hatte sich Klopp im Oktober 2015 als „The Normal One“ vorgestellt, um in Kontrast zu Jose Mourinhos Selbstinszenierung als „The Special One“ zu treten. Seine Präsentation bei Red Bull geriet dann aber doch zu einer großen Show. Flankiert von zwei Formel-1-Boliden und Konzern-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff beantwortete Klopp 45 Minuten moderierte Fragen, um danach auch noch ebenso lange auf jene der Journalisten einzugehen. „Ist das die längste Pressekonferenz der österreichischen Geschichte?“, fragte er zwischendurch.

„Wenn man nicht mehr coachen will, ist das möglicherweise der beste Job in der Fußball-Welt“, meinte Mintzlaff, der Klopp rekrutiert hatte. Seine Bestellung mit Jahresbeginn nach einem halben Jahr Auszeit vom Fußball hatte Red Bull im Oktober bekanntgegeben. Damals gab es vor allem in Deutschland Kritik daran, dass sich der Kultcoach dem in vielen Fanlagern ungeliebten Getränkekonzern anschließt. „Wenn man es verstehen will, wird man es verstehen – wenn nicht, nicht“, erklärte Klopp. Er sieht sich durch das regelmäßig volle Stadion in Leipzig bestätigt. „Die Leute da verdienen es, die Region verdient es. Wen würden sie sonst unterstützen?“

Red Bull ist aber längst nicht nur Leipzig. Das Fußball-Imperium des Konzerns hat in den vergangenen Jahren einigen Zuwachs bekommen. Neben den Clubs in Salzburg, wo man offiziell als Hauptsponsor auftritt, Leipzig, New York und Brasilien übernahm Red Bull im Vorjahr den japanischen Zweitligisten Omiya Ardija. An den ambitionierten europäischen Zweitligisten Leeds United und Paris FC hält man Minderheitsanteile. Nach dem FC Torino stieg der Getränkeriese zuletzt auch bei Atletico Madrid als Sponsor ein.

Den Dependancen in Übersee will Klopp Ende Jänner bzw. Anfang Februar seine ersten Besuche abstatten. Seine ersten Dienstreisen nach Paris und Leipzig hat er, begleitet von seinem engsten Mitarbeiter, dem als Technischen Direktor bei Red Bull Soccer tätigen deutschen Ex-Teamstürmer Mario Gomez, bereits hinter sich. Ein eigenes Büro wird der neue Chef nicht haben. „Die Welt ist mein Büro – oder dort, wo Mario ist, also in München. Wo sein Laptop ist, ist mein Büro.“

Als einer von Klopps Vorgängern in der Rolle war auch Ralf Rangnick 2019 und 2020 für Red Bull um die Welt gejettet. Als damaliger Sportdirektor von Salzburg hatte der ÖFB-Teamchef die Fußball-Philosophie des Konzerns 2012 maßgeblich verändert. Klopp bezeichnete seinen Vorgänger als dominante Person. „Ich kenne ihn gut und mag ihn sehr. Sie haben eine wunderbare Basis gelegt. Von der Basis aus wollen wir die nächsten Schritte machen – bevor sie andere machen.“

Red Bull müsse einen Wiedererkennungswert haben, das habe auch der einstige Firmenchef Dietrich Mateschitz so gewollt. Im Fußball ist es das von Rangnick implementierte Gegenpressing. Auch er selbst sei in der Karriere oft davon begleitet worden. „Gegenpressing ist kein Vorschlag, es ist ein Gesetz“, erklärte Klopp. „Wir werden an alle ausschicken: ‚Wenn wir nicht gut gegenpressen, bin ich da.'“ Gleichzeitig stehe er auch für Weiterentwicklung – und für einen Austausch mit anderen Sportarten, in denen Red Bull erfolgreich ist.

Pepijn Lijnders war das in Salzburg nicht. Klopps langjähriger Liverpool-Co-Trainer und enger Vertrauter musste bei Österreichs Vizemeister im Dezember nach nur einem halben Jahr den Hut nehmen. Er sei nicht involviert gewesen, betonte Klopp. „Ich weiß immer noch, dass er ein außergewöhnlicher Coach ist. Manchmal klicken die Dinge im Fußball einfach nicht.“ Um die genauen Gründe zu kennen, sei er nicht nah genug dran gewesen. Nur so viel: „Die Qualifikation für die Champions League war ein fantastischer Tag – aber auch ein Teil des Problems danach.“ Salzburg überwintert als Tabellenfünfter so schlecht wie noch nie in der 20-jährigen Red-Bull-Ära.

Erst nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in Portugal wird sich Klopp auch mit Lijnders-Nachfolger Thomas Letsch näher austauschen. Zu Leipzig-Trainer Marco Rose und seinem Trauzeugen Sandro Schwarz, Coach bei den New York Red Bulls, hat er ein engeres Verhältnis. Beide waren seine Spieler, als er mit dem FSV Mainz 2004 erstmals in die deutsche Bundesliga aufgestiegen war. „Wir betrachten uns alle als Freunde, sind es immer noch“, sagte Klopp über Rose und Schwarz. „Das gibt uns vielleicht einen anderen Ausgangspunkt. Sie können noch offener sein als jemand, der mich nicht kennt.“