apa.at
news/APA/Sonntag, 16.02.25, 10:14:01

Hunderte Menschen am Grab von Nawalny in Moskau

Am ersten Jahrestag des Todes des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny haben sich trotz drohender Repressalien Hunderte Menschen an seinem Grab in Moskau versammelt. Dies berichteten am Sonntag AFP-Journalisten vom Borisowski-Friedhof. Nawalny, der von den russischen Behörden als "Extremist" eingestuft worden war, war am 16. Februar 2024 unter ungeklärten Umständen in einem Straflager in der Arktis gestorben, wo er eine 19-jährige Haftstrafe verbüßte.
APA/APA/AFP/ALEXANDER NEMENOV

Unterdessen geht die russische Justiz weiter rigoros gegen Andersdenkende vor. Vor allem sollen die Hunderten politischen Gefangenen abschreckend wirken und jeden Widerstandsgeist im Keim ersticken. Die Liste der inhaftierten Gegner von Präsident Wladimir Putin und seines Angriffskrieges gegen die Ukraine ist lang.

Die in Moskau verbotene, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Menschenrechtsorganisation Memorial listet 785 politische Gefangene auf. Drei Anwälte Nawalnys sind im Jänner zu langen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie den Putin-Gegner verteidigt hatten. Und Nawalny, der an seinem Todestag am 16. Februar erst 47 Jahre alt war, ist auch nicht der Einzige, der in Gefangenschaft starb.

Wer Nawalny als Vorbild stilisiert oder auch seinen Anti-Korruptions-Fonds FBK unterstützt, riskiert viele Jahre Haft wegen Extremismus. Nawalnys politische Bewegung gegen die verbreitete Schmiergeldkultur und Machtmissbrauch ist verboten. Und auch nach seinem Tod werden die Gesetze gegen Andersdenkende in Russland weiter verschärft. Seine im Exil arbeitenden Anhänger und nicht zuletzt seine Witwe Julia Nawalnaja müssen auch in der EU um ihr Leben fürchten.

Der russische Auslandsgeheimdienst SWR warnte kurz vor Nawalnys Todestag öffentlich vor möglichen Anschlägen auf Vertreter der russischen Opposition im Ausland. Putins Spionageapparat behauptete, dass der ukrainische Geheimdienst solche Taten plane und Russland in die Schuhe schieben wolle. Aber etwa der im vergangenen Jahr bei einem Gefangenenaustausch freigelassene Oppositionelle Ilja Jaschin macht klar, dass es sich vielmehr um eine für den Kreml typische offene Drohung handle: Kein Gegner Putins solle sich sicher fühlen können – egal wo.

Der Kreml hat kritische Medien und die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Viele Gegner Putins schweigen aus Angst um ihr Leben. Die Kremlgegner im Ausland haben es ebenfalls schwer, wenn auch auf andere Weise. Viele sind seit langem im Exil, andere sind in den fast drei Jahren des Kriegs gegen die Ukraine geflüchtet. Die Oppositionellen Jaschin und Wladimir Kara-Mursa sowie Oleg Orlow von Memorial mussten gegen ihren Willen Russland verlassen.

Für Helmut Brandstätter, NEOS-Delegationsleiter im EU-Parlament, stand Nawalny für „Mut und Wahrheit“. Die Verfolgung seiner Unterstützer zeige, dass Putins Terror weiterhin keine Grenzen kenne.