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news/APA/Montag, 29.04.24, 12:06:45

Gespräche über Gaza-Krieg gehen in Saudi-Arabien weiter

Mehrere Außenminister westlicher und arabischer Staaten wollen am Montag in Riad über Bemühungen für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas sprechen. Ägyptens Ministerpräsident Mustafa Madbuli bezeichnete den Krieg als "kollektive Bestrafung" für alle Palästinenser im Gazastreifen. US-Außenminister Antony Blinken sah dagegen "messbare Fortschritte". Bei einem israelischen Luftangriff auf Rafah gab es indes mehrere Tote.
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Die Vereinigten Staaten erzielten in den letzten Wochen „messbare Fortschritte“ bei der humanitären Lage im Gazastreifen, sagte Blinken am Montag in Riad. Er forderte Israel aber auf, mehr zu tun. Bei der Eröffnung eines Treffens des US-Golf-Kooperationsrates in Riad sagte Blinken, der wirksamste Weg zur Linderung der humanitären Krise in Gaza sei ein Waffenstillstand. Er sagte auch, dass Washington seine Bemühungen fortsetze, um eine Ausweitung des Gaza-Krieges zu verhindern.

Die Gespräche über einen Waffenstillstand machen Fortschritte, sagte der französische Außenminister Stephane Sejourne. „Die Dinge machen Fortschritte, aber man muss bei diesen Gesprächen und Verhandlungen immer vorsichtig sein. Die Lage in Gaza ist katastrophal und wir brauchen einen Waffenstillstand“, sagte Sejourne gegenüber Reuters. Erwartet werden in Riad unter anderem die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und ihre Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie auch der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas.

Die Minister treffen sich in Riad am Rande des Open Forums, einer Wirtschaftskonferenz des Weltwirtschaftsforums (WEF), bei der es unter anderem um Umwelt, Gesundheit und Finanzen geht. Israel sollte laut dem WEF-Präsidenten Børge Brende nicht teilnehmen.

Nicht die islamistische Hamas würde für den Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober bestraft, sagte Madbuli bei einer WEF-Konferenz. Stattdessen müssten nun „alle Palästinenser im Gazastreifen“ dafür bezahlen. Die Reaktion Israels auf die Massaker vom 7. Oktober sei „unglaublich“. Mehr als 80 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in Gaza seien zerstört. Selbst bei einer Waffenruhe im Krieg würde es Jahrzehnte dauern, um das Gebiet in den Zustand von vor dem 7. Oktober zu versetzen.

Ebenfalls am Montag reiste eine Delegation der Hamas nach Kairo, um in der ägyptischen Hauptstadt über Details eines neuen Vorschlags für einen Kompromiss mit Israel zu sprechen. Die drei Hamas-Vertreter seien aus Katar angereist, um über den jüngsten Vorschlag für eine Waffenruhe und einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen zu verhandeln, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Flughafens.

Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete am Montag, der jüngste Vorschlag sehe die Freilassung von 33 Geiseln im Gegenzug für mehrere hundert palästinensische Häftlinge vor. Darunter seien Frauen, auch Soldatinnen, ältere Menschen, Verletzte und „psychisch Beeinträchtigte“. Unter Berufung auf einen ranghohen israelischen Regierungsvertreter berichtete ynet, die Länge der Feuerpause hänge von der Zahl der freigelassenen Geiseln ab. Die Hamas fordere die Freilassung von 50 Häftlingen für jeden Soldaten und 30 Häftlinge für jeden Zivilisten.

Im Anschluss bietet Israel eine zweite Phase der Waffenruhe an, die eine „Periode nachhaltiger Ruhe“ umfassen soll – ein Kompromissvorschlag auf die Hamas-Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand. Diese zweite Phase würde es den Bewohnern des Gazastreifens erlauben, sich frei zwischen dem Süden und Norden des schmalen Küstenabschnitts zu bewegen. Zudem würden sich die israelischen Truppen teilweise aus Gaza zurückziehen. Einwohner des nördlichen Abschnitts dürften auch in ihre Wohnorte zurückkehren. Eine große Mehrheit der rund 2,2 Millionen Einwohner der Gazastreifens sind während des Krieges in den Süden geflohen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu muss sich allerdings möglicherweise zwischen einem Geisel-Deal und dem Fortbestand seiner Regierung entscheiden. Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hatte am Sonntag mit einem Ende der Regierung gedroht, sollte der gegenwärtige Geisel-Deal umgesetzt und ein Militäreinsatz in Rafah gestoppt werden. Netanyahus politisches Überleben hängt von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern ab.

Die USA haben die Regierung von Netanyahu wiederholt vor einer groß angelegten Offensive in Rafah gewarnt. Die Stadt an der Grenze zu Ägypten ist mit Hunderttausenden Flüchtlingen überfüllt. US-Präsident Joe Biden habe seinen klaren Standpunkt in einem Gespräch mit Netanyahu bekräftigt, teilte das Weiße Haus am Sonntag mit.

Vor den Verhandlungen über eine Waffenruhe kamen palästinensischen Ärzten zufolge mindestens 20 Menschen bei einem israelischen Luftangriff auf Rafah ums Leben. Die von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sprach von mindestens 27 getöteten Palästinensern. Bei dem Angriff auf drei Häuser in der südlichen Grenzstadt seien in der Nacht zudem zahlreiche Personen verletzt worden, hieß es am Montag. Auch in Gaza-Stadt im Norden des gleichnamigen Küstenstreifens gab es nach Angaben der lokalen Gesundheitsbehörde israelische Luftangriffe. Dabei seien beim Beschuss zweier Häuser durch israelische Kampfflugzeuge mindestens vier Personen getötet und viele weitere verletzt worden. Israels Militär gab an, die Berichte zu prüfen.

Auslöser des Krieges war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab die Zahl der seit Kriegsbeginn getöteten Menschen im Gazastreifen am Sonntag mit 34.454 an. Die von ihr veröffentlichten Zahlen machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Bewaffneten und lassen sich unabhängig kaum überprüfen. Israel zweifelt die Opferzahlen der Hamas an.