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news/APA/Freitag, 10.01.25, 19:02:02

FPÖ und ÖVP starteten Koalitionsverhandlungen

FPÖ und ÖVP haben am Freitag offiziell die Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Als erstes haben sich die Parteien den wohl größten Brocken, die Sanierung des stark angeschlagenen Budgets, vorgenommen. Dazu kam am späteren Vormittag eine Expertengruppe zusammen, die Parteichefs Herbert Kickl und Christian Stocker waren dem Vernehmen nach noch nicht dabei. Die Gruppe soll auch über das Wochenende tagen, erste Ergebnisse werden zu Wochenbeginn erwartet.
APA/APA/HELMUT FOHRINGER/HELMUT FOHRINGER

Erst in den vergangenen Tagen hatten sich beide Parteien offiziell für Koalitionsverhandlungen entschieden, nachdem Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS gescheitert waren. Im Mittelpunkt steht – wie bereits zuvor – als erstes die Budgetsanierung. Beide Seiten wollen ein EU-Defizitverfahren vermeiden. Nachdem es zuerst inoffiziell geheißen hatte, dass die Gespräche im Parlament stattfinden, wurde das Treffen wohl aufgrund des Medieninteresses kurzfristig an einen geheimen Ort verlegt. Der ursprüngliche Fahrplan war offenbar, vorerst bis Mittwoch im Parlament zu verhandeln. Laut den Raum-Buchungen des Parlaments, die dem „Standard“ (online) vorliegen, hatte der blaue Klub bereits am Dienstagabend täglich ganztägig Besprechungsräume zwischen dem heutigen Freitag und dem kommenden Mittwoch reserviert. Besonders lang wären die Verhandlungen demnach am Sonntag angesetzt – nämlich bis Mitternacht.

Tatsächlich hat sich am Freitag vorerst eine Budget-Verhandlungsgruppe getroffen. Diese soll „in Permanenz“ tagen, um bis Anfang kommender Woche die Eckpunkte zu klären. ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der Teil des schwarzen Verhandlungsteams ist und auch bei den Budget-Gesprächen dabei sein soll, wies in einer Aussendung davor auf die „ausführlichen Vorarbeiten“ zum Thema hin. Darüber hinaus gelte es, Einigung bei den für die ÖVP wesentlichen Themen zu finden, also etwa der „Schutz der Souveränität Österreichs gegen Einflussnahme aus dem Ausland – besonders Russland“.

Der ÖVP wichtige Grundsatzfragen sind auch „eine konstruktive Rolle Österreichs in der Europäischen Union“ und der „Schutz sowie Erhalt unserer liberalen Demokratie und unseres Rechtsstaates“. Zudem gelte es, sich auch künftig eindeutig zum Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus zu bekennen. „Wenn die FPÖ gemeinsam mit uns als ÖVP unter den genannten Prämissen dazu bereit ist, Verantwortung für unser Land zu übernehmen, dann kann gemeinsam ein konstruktives Verhandlungsergebnis gelingen“, so Wöginger.

Das betonte einmal mehr auch NEO-Parteichef Christian Stocker, der wenige Tage nachdem er die ÖVP benommen hatte, zahlreiche Interviews gab (Standard, Kleine Zeitung, TT, OÖN, SN, Puls24). Die Position gegenüber Russland werde sich nicht verändern, genauso sei ein EU-Austritt undenkbar. Über Inhaltliches habe er mit Kickl aber noch nicht gesprochen. Ob man sich tatsächlich auf ein Regierungsprogramm einigen kann, werden die nächsten Wochen zeigen. „Es kann dazu führen, dass wir eine Regierung bilden, aber es muss nicht dazu führen“ sagte Stocker.

Dass er selbst nun an der Spitze der Volkspartei stehe, sei überraschend gekommen: „Als ich am Sonntag zu jener Sitzung gefahren bin, in der ich zum geschäftsführenden Parteichef designiert wurde, hätte ich selbst nicht geglaubt, dass das passiert.“ Er werde aber nicht nur übergangsmäßig die Partei führen: „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“ Einen Termin für einen außerordentlichen Parteitag gebe es aber noch nicht, dieser müsse aber innerhalb der nächsten drei Monate stattfinden.

An seiner Haltung gegenüber Kickl habe sich nichts geändert, betonte Stocker, der in den vergangenen Monaten hart gegen den FPÖ-Chef geschossen hatte. Ein neuerlicher Wahlkampf, an dessen Ende eine Dreierkoalition womöglich gar keine Mehrheit mehr habe, sei keine bessere Option. „Aus diesen Überlegungen habe ich etwas anderes gemacht, als ich vorher gesagt habe.“ Wie die Freiheitlichen etwa mit den Identitären verfahren obliege nicht seiner Verantwortung. Ausschließen, dass Identitäre in staatlichen Institutionen oder Ministerbüros arbeiten würden, wollte er im Interview nicht: „Ich werde keine Personallisten der Freiheitlichen kontrollieren. Ich bin auch nicht die Nanny der FPÖ. Aber wir werden unsere Verantwortung wahrnehmen.“

Für den oberösterreichischen FPÖ-Chef Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner geht es nun in erster Linie um das Budget. „Es muss klar sein, wie es mit den Finanzen weitergeht“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Linz, „nur dann haben wir Spielraum für Investitionen, die notwendig sind. Ohne Geld ka Musi.“ Die Neuwahldrohung von Bundesparteichef Herbert Kickl, sollten die Verhandlungen nicht gut laufen, milderte er ab – er habe diese Aussage eher „positiv“ verstanden: „Nicht taktieren, keine Sprüche, nicht regieren um des Regierens willen allein“, sondern zu arbeiten um zu Ergebnissen zu kommen. Allerdings: „Um jeden Preis regieren wird die Freiheitliche Partei nicht“, so Haimbuchner, der auch Kickl-Vize ist.

Tirols Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) zeigte sich in Hinblick auf die derzeit laufenden blau-schwarzen Verhandlungen „durchaus zuversichtlich“, wie sie am Rande einer Pressekonferenz zur APA sagte. Sie sei der festen Überzeugung, dass man „gute Gespräche führen kann“, die dazu führten, dass man schließlich „sachlich etwas weiterbringt“. Es gebe nämlich klare „inhaltliche Schnittmengen in den Programmen der Parteien“, womit sich auch Themen anpacken ließen, „um die es wirklich geht“. Das seien etwa „Migration, Wirtschaft, illegale Zuwanderung und Sicherheit“, so Mair. Im Falle von Gesprächen auf Augenhöhe könne es „auch schnell gehen.“