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news/APA/Donnerstag, 06.03.25, 20:54:13

EU-Sondergipfel einigt sich auf Aufrüstung Europas

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben am Donnerstagabend in Brüssel beschlossen, deutliche Summen für die Wiederaufrüstung Europas zu mobilisieren. In einer Erklärung nahmen sie den geplanten Vorschlag der EU-Kommission zur Kenntnis, einen Rüstungsfonds in Höhe von 150 Milliarden Euro zu schaffen. Die weitere finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine wurde hingegen nur von 26 der 27 EU-Länder beschlossen; Ungarn war laut Diplomaten nicht dabei.
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„Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die europäische und globale Sicherheit in einem sich wandelnden Umfeld stellen eine existenzielle Herausforderung für die Europäische Union dar“, heißt es weiter in der Gipfelerklärung. Die EU werde „ihre allgemeine Verteidigungsbereitschaft erhöhen, ihre strategischen Abhängigkeiten verringern, ihre kritischen Fähigkeitslücken schließen und die europäische verteidigungstechnologische und -industrielle Basis in der gesamten Union entsprechend stärken.“

Ungarn hatte bereits im Vorfeld wieder einmal gedroht, beim Gipfel ein Veto gegen die Unterstützung der Ukraine einzulegen. Ministerpräsident Viktor Orbán pflegt trotz des Ukraine-Krieges weiter gute Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und hat zudem ein freundschaftliches Verhältnis zu Trump.

Die Kommission wird in der Erklärung aufgefordert, rasch konkrete Vorschläge und Projekte zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft auszuarbeiten und umzusetzen. Die EU-Chefs unterstreichen auch „in Anbetracht der Bedrohungen an den übrigen Grenzen der EU die Bedeutung ihrer Verteidigung“. Bereits bei der nächsten Tagung des EU-Gipfels in zwei Wochen in Brüssel wird das Thema wieder ganz oben auf der Agenda stehen. Die Kommission wird bis dahin ein „Europäisches Weißbuch für Verteidigung“ mit weiteren Vorschlägen und Optionen präsentieren.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte beim EU-Sondergipfel in Brüssel eine partielle Feuerpause, die Kämpfe zur Luft und zur See umfassen soll. Alle müssten dafür sorgen, dass Russland, das „der einzige Verursacher dieses Krieges“ sei, die „Notwendigkeit seiner Beendigung“ akzeptiere, so Selenskyj auf X. In der Erklärung der 26 zur Ukraine wird betont, dass Verhandlungen über die Ukraine nicht ohne die Ukraine oder Europa stattfinden dürften.

Österreich wird beim Gipfel erstmals von Kanzler Christian Stocker (ÖVP) vertreten, der erst seit Montag im Amt ist. Eine freie souveräne Ukraine sei im Interesse Europas und der USA, betonte Stocker. Er unterstrich zugleich die Neutralität, die in Österreich im Verfassungsrang stehe. Der neue österreichische Regierungschef traf am Rande des Gipfels zu einem Gespräch mit Selenskyj zusammen.

Stocker habe Selenskyj Österreichs Bemühungen um einen gerechten und nachhaltigen Frieden versichert, sagte eine Sprecherin des Kanzlers gegenüber der APA. Auch habe der Kanzler betont, dass es keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine und über europäische Sicherheit ohne Europa geben dürfe. Stocker habe auch auf das bisherige große humanitäre Engagement für die Ukraine verwiesen und zugesichert, dass Österreich verlässlich an der Seite der Ukraine und ihrer Menschen stehen werde.

„Die Ukraine schätzt die Unterstützung und Hilfe Österreichs und freut sich auf unsere gemeinsamen Bemühungen, einen gerechten und dauerhaften Frieden und verlässliche Sicherheitsgarantien für unser Land und ganz Europa zu erreichen“, bedankte sich Selenskyj nach dem Treffen auf X bei Stocker. Er habe dem österreichischen Bundeskanzler zu seinem Amtsantritt gratuliert. Themen des Gesprächs seien die Fortsetzung der Hilfe bei der humanitären Minenräumung, die Wiederherstellung der Energieinfrastruktur sowie die Unterstützung der Initiative „Lebensmittel aus der Ukraine“ gewesen.

„Wir befinden uns in Österreich auf dem Boden unserer Neutralität, die steht im Verfassungsrang“, bekräftigte Stocker das klare Bekenntnis der neuen Regierung zur Neutralität. Dies sei in Europa auch „bekannt und akzeptiert“. Österreich habe in der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU auf „dieser Basis unsere Rolle eingenommen“. Es gebe „Beistandsverpflichtungen, wir werden sehen, wie diese ausgestaltet werden“. Dies sei „noch nicht sehr konkret“. Man werde sehen, „was die Zukunft bringt“.