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news/APA/Dienstag, 23.04.24, 11:07:19

Britisches Parlament beschloss Gesetz zu Asylpakt mit Ruanda

Nach wochenlangen Diskussionen hat der britische Premier Rishi Sunak seinen umstrittenen Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht. Migrantinnen und Migranten sollen ungeachtet ihrer Herkunft ins ostafrikanische Land abgeschoben werden, wenn sie unerlaubt nach Großbritannien einreisen. Der Entwurf, dem das Oberhaus in der Nacht auf Dienstag nach langem Widerstand zustimmte, erklärt Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat. Sunak bezeichnete das Gesetz als "bahnbrechend".
APA/APA/AFP/POOL/TOBY MELVILLE

Nun gehe es darum, die Abschiebeflüge nach Ruanda einzurichten, erklärte Sunak am Dienstag. „Ich bin mir sicher, dass uns nichts im Weg stehen wird, dies zu tun und Leben zu retten“, sagte der konservative Regierungschef. Mit dem Gesetz würden gefährdete Menschen von der gefährlichen Fahrt in Schlauchbooten über den Ärmelkanal abgeschreckt und das Geschäftsmodell von Menschenschmugglern zerstört, sagte Sunak.

Experten bezweifeln, dass das Vorhaben Migranten von der Überfahrt abhalten wird. Kritisiert wird auch, dass Großbritannien Hunderte Millionen Pfund an Ruanda zahlt, aber vermutlich nur ein Bruchteil der irregulär eingereisten Menschen abgeschoben wird. Zudem ist das Unterfangen mit hohen rechtlichen Unsicherheiten behaftet. Einen ersten Anlauf für einen Asylpakt mit Ruanda hatte vor zwei Jahren der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt. Das jetzige Gesetz schränkt daher Einspruchsmöglichkeiten massiv ein.

Indem Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt wird, möchte die Regierung Einsprüche vor britischen Gerichten gegen Abschiebungen verhindern. Das Oberhaus – das House of Lords – als zweite Parlamentskammer hatte mehrmals Änderungsanträge beschlossen, die dann in einem zeitaufwendigen Verfahren vom Unterhaus rückgängig gemacht wurden. Schließlich gab das House of Lords seinen Widerstand auf. Damit kann der Gesetzentwurf von König Charles III. mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt werden.

Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen. Sie sollen stattdessen nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Der Plan war erstmals vor zwei Jahren vom damaligen Premierminister Boris Johnson vorgebracht worden.

Premier Sunak hatte vor der Abstimmung angekündigt, einstweilige Verfügungen des EGMR gegen den Asylpakt mit Ruanda zu ignorieren. Zugleich betonte er am Montag, sein Vorgehen stehe nicht im Konflikt mit internationalem Recht. Die erste Maschine solle in zehn bis zwölf Wochen abheben, kündigte Sunak an. Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für den Frühling angekündigt. Für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten.

Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde per einstweiliger Verfügung vom EGMR in letzter Minute gestoppt. Später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig. Mit dem Ruanda-Gesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden. Für die konservative Regierung, die angesichts eines gewaltigen Rückstands in den Umfragen im Jahr der Parlamentswahl unter erheblichem Druck steht, ist die irreguläre Migration ein Ärgernis. Jährlich kommen Zehntausende über den Ärmelkanal ins Land, es gibt aber kaum Aufnahmekapazitäten.

In Österreich begrüßte die oppositionelle FPÖ den britischen Parlamentsbeschluss. Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer empfahl Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) „einen Kurztrip nach London, um sich dort in punkto Bevölkerungsschutz anlernen zu lassen“. Das Votum zeige nämlich, dass man bei entsprechendem politischen Willen „auch etwas erreichen und abschieben“ könne.