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news/APA/Mittwoch, 12.02.25, 15:16:03

Blau-Schwarz geplatzt

Die blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen sind geplatzt. FPÖ-Obmann Herbert Kickl hat am Nachmittag in der Hofburg den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgelegt, wie er in einer Aussendung mitteilte. Dem vorausgegangen war ein letztes persönliches Treffen mit VP-Obmann Christian Stocker. Kickl machte die ÖVP für das Scheitern verantwortlich, sei man dieser doch in vielen Punkten entgegengekommen. Die Volkspartei sah einen "Machtrausch" des FPÖ-Chefs.
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Das Scheitern hatte sich spätestens seit Wochenbeginn abgezeichnet. Letzte Versuche, bei der Ressortverteilung zu einer Einigung zu kommen, waren seit heute früh medial ausgetragen worden, was die Chancen auf eine Verständigung nicht unbedingt erhöhte.

Nach einem Telefonat der beiden Parteichefs gab es zu Mittag dann auf Vermittlung des Bundespräsidenten noch ein persönliches Treffen. Doch auch dieses dauerte weniger als eine Stunde und brachte keinen Durchbruch mehr.

Kickl fuhr daraufhin in die Hofburg und übergab dem Bundespräsidenten „nicht ohne Bedauern“ ein Schreiben, in dem er begründete, warum er den Auftrag zur Regierungsbildung zurücklegt, wiewohl rechnerisch auch eine Koalition mit der SPÖ möglich wäre. Die Vorgespräche mit SP-Chef Andreas Babler hätten gezeigt, dass nicht nur die Positionen in entscheidenden Punkten weit auseinander lägen, sondern die SPÖ auch grundsätzlich eine ablehnende Position zu jedweder Zusammenarbeit mit der FPÖ einnehme.

Der FPÖ-Chef betonte, dass man mit der ÖVP das Gespräch gesucht habe mit der Absicht, nach einem straffen Zeitplan schnell zu einer leistungsfähigen Bundesregierung zu kommen. Gemeinsam habe man Österreich zurück an die Spitze Europas führen wollen – „wirtschaftlich stark, sozial verantwortungsbewusst und mit einer Migrationspolitik, die die Interessen unseres Landes und seiner Menschen schützt“.

Ehe jedoch die noch die strittigen Punkte auf Chefverhandler-Ebene geklärt werden konnten, habe die ÖVP darauf bestanden die Ressortverteilung zu klären. Am 4. Februar hätten die Freiheitlichen einen entsprechenden Entwurf vorgelegt: „Obwohl wir in den darauffolgenden Gesprächen der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sind, waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt.“

Völlig anders sieht die Sache die ÖVP, für die als erster Generalsekretär Alexander Pröll mit einer Aussendung ausrückte. Diese Regierungsbildung sei „am Machtrausch und der Kompromisslosigkeit von Herbert Kickl gescheitert“. Der FPÖ-Chef sei in der Rolle des Oppositionspolitikers stecken geblieben und nie in der eines Regierungschefs angekommen.

Fünf Wochen lang habe die ÖVP konstruktiv und ehrlich verhandelt, sei dabei auch über den eigenen Schatten gesprungen, indem man das Finanzministerium angeboten habe. Kickl selbst habe sich in die Regierungsverhandlungen kaum eingebracht: „In fünf Wochen saß Kickl insgesamt sieben Stunden am Verhandlungstisch.“ Kompromisse und eine Partnerschaft auf Augenhöhe einzugehen, sei er nicht bereit gewesen. Kickl habe seinen Regierungsbildungsauftrag nicht erfüllt und damit die Chance für eine Mitte-rechts-Regierung vergeben. Es bleibe die Frage, ob sich Kickl der Verantwortung überhaupt je stellen habe wollen, schreibt Pröll.

Erwartet wird heute noch eine Stellungnahme des Bundespräsidenten, wie es nun weiter geht, nachdem nach dem vormaligen ÖVP-Obmann Karl Nehammer nun auch Kickl mit der Regierungsbildung gescheitert ist. Möglich wäre ein neuerlicher Versuch einer Dreier-Koalition, eine Minderheitsregierung oder eine Übergangsregierung bis zu einer Neuwahl, die noch vor dem Sommer stattfinden könnte.

Welche Präferenz die ÖVP hätte, könnte noch heute in einem Pressegespräch klarer werden.