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news/APA/Samstag, 20.04.24, 13:58:33

Babler bei Wiener Parteitag optimistisch

In der Messe Wien hat die Wiener SPÖ am Samstag ihren Landesparteitag abgehalten. Er fungierte zugleich als Auftakt für den EU-Wahlkampf. Auf der Tagesordnung steht zudem die Wiederwahl von Bürgermeister Michael Ludwig zum Landesparteivorsitzenden. Bundesparteichef Andreas Babler zeigte sich in seiner Rede optimistisch für die kommenden Urnengänge - mit Verweis auf jüngste Resultate in Salzburg und Innsbruck.
APA/APA/MAX SLOVENCIK/MAX SLOVENCIK

Die Wiener SPÖ veranstaltet inzwischen nur mehr alle zwei Jahre einen „richtigen“ Parteitag. In den Jahren dazwischen findet eine „Wiener Konferenz“ mit starkem Themenfokus statt. Nun trifft man sich wieder im klassischen Setting, das sogleich auch zum roten Europa-Wahlkampfstart umfunktioniert wurde.

SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder stellte in seiner Rede die Frage, ob man nach der Wahl am 9. Juni noch in einem rechtsstaatlichen, demokratischen Europa leben könne. Die größte Gefahr für die Demokratie sieht er in der „sozialen Spaltung unserer Gesellschaft“ und der weiter werdenden Kluft zwischen arm und reich. Manche hätten sich vom normalen Leben so weit entfernt, dass sie glauben würden, über den Regeln zu stehen, verwies er auf Signa-Gründer René Benko. Eine Bedrohung sieht Schieder aber auch im Silicon Valley, dort würden eine Handvoll Menschen die Kommunikation von sechs Milliarden „Erdenbürgern“ kontrollieren. Was im echten Leben verboten sei, müsse auch im digitalen verboten sein. Aufgrund sozialdemokratischer Politik habe man nun u.a. durch den europäischen AI-Act Regeln vorgeschrieben, meinte er.

Ebenfalls als Gefahr nimmt der SPÖ-Spitzenkandidat einen drohenden Rechtsruck wahr. Die FPÖ würde mit einem Austritt aus der EU liebäugeln, so Schieder, für den das ein „absolutes Desaster“ wäre. Den Freiheitlichen, die er deshalb als „Antiheimatpartei“ bezeichnete, legte er etwa die „Zerschlagung der Staatssicherheitseinrichtung“ zur Last, russische Spione würden „über die FPÖ in unseren Institutionen sitzen.“

Aber auch an der schwarz-grünen Koalition ließ Schieder kein gutes Haar. Beide Parteien würden versuchen, jeden Fortschritt in Brüssel zu verhindern, sprach er den fehlenden Nationalen Energie- und Klimaplan sowie das Lieferkettengesetz an, dem Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) nicht zustimmen wollte. Ebenso brauche es ein Parlament, das den „Konservativen in der Kommission auf die Finger klopft.“ „Auf unsere Initiative hin“ klage das EU-Parlament die EU-Kommission wegen der Freigabe von Geldern an Ungarn, so Schieder.

Eröffnet hatte den EU-Block der aus Luxemburg stammende derzeitige EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit, Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) für die anstehende Europawahl. Er sei der Kandidat der Millionen von europäischen Arbeitnehmern und wolle für gerechte Arbeitsbedingungen, Löhne und Mitbestimmung eintreten, sagte er in Wien. Auch forderte er massive Investitionen in die Wirtschaft sowie eine „Made in Europa“-Strategie. Wie Schieder sah er die Demokratie gefährdet, Europa müsse gegen „die Wahnsinnigen“ verteidigt werden. Den „EU-Wahnsinn stoppen“ will nämlich die FPÖ, die gestern entsprechende Wahlplakate enthüllte.

SPÖ-Listenzweite Evelyn Regner pochte in ihrer Rede vor allem auf eine Steuerpolitik, die der Ungleichheit entgegenwirkt. Kümmere sich die Sozialdemokratie nicht, verbessere sich nichts, sah sie die SPÖ als Garant für ein starkes und solidarisches Europa – so auch die Botschaft eines beim Landesparteitag gezeigten Wahlvideos mit Regner und Schieder. Das seit langem von der SPÖ regierte Wien ist für die EU-Wahl-Kandidaten ein Positivbeispiel, Schieder sprach von der „europäischen Hauptstadt der sozialen Fairness“.

Wiens Bürgermeister Ludwig hatte zuvor ausgeführt, dass man jene Partei sei, die immer auf der richtigen Seite gestanden sei, nämlich auf der Seite der Demokratie und auf der Seite der Menschen. Dies sei wichtig zu betonen, weil es derzeit darum gehe, die demokratischen Errungenschaften zu verteidigen. „Die Wahlen zum europäischen Parlament sind dieses Mal von ganz besonderer Bedeutung.“

Es gebe etwa immer mehr rechtspopulistische Parteien, die Europa schwächen wollten. Dies gelte auch für Kräfte außerhalb der EU. „Da spreche ich durchaus Russland an“. Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in Europa sei durch den Überfall auf die Ukraine zunichte gemacht worden.

Man habe, so hob Ludwig hervor, Menschen aus der Ukraine unterstützt. Dies sei keine leichte Aufgabe gewesen. Viele Kinder seien in Schulen und Kindergärten integriert worden. Dazu komme aktuell auch die Familienzusammenführung bei anerkannten Flüchtlingen. „Ja, wir sind sehr gefordert“, betonte der Stadtchef.

Die Themen Flucht und Integration seien eigentlich Bundesagenden. „Wir leisten unseren solidarischen Beitrag“, beteuerte Ludwig. Man erwarte sich aber auch Solidarität des Bundes. Der Bürgermeister drängte auf eine „gerechtere Verteilung“. Es könne nicht so sein, dass man Wien alles überantworte. Auch forderte er erneut mehr Polizisten, etwa für den Bezirk Favoriten.

„Ich bekenne mich nach wie vor zur Neutralität“, stellte Ludwig weiters klar. Wien verfüge fast über die „natürliche Möglichkeit“, Friedenskonferenzen zu führen. „Das müsste allerdings kombiniert sein mit aktiver Außenpolitik, die ich derzeit nicht wahrnehme“, nahm er hier auch den Bund in die Pflicht.

Es gehe darum, ob es gelinge, das gemeinsame Europa weiterzuentwickeln. Man müsse die Europäische Union gerechter machen, zeigte sich Ludwig überzeugt. Lob gab es für Schieder – der einst mit Ludwig um den Posten des Bürgermeisters gerittert hat – und dessen Tätigkeit im EU-Parlament.

Es sei wichtig, geschlossen nach außen aufzutreten, trotz interner Diskussionen, zeigte sich der Wiener SPÖ-Chef überzeugt. Ein Zeichen dafür sei, dass der EU-Wahlkampfauftakt beim Landesparteitag stattfinde. „Wir zeigen, dass vieles, was an Gerüchten gestreut wird, nicht stimmt.“ Man werde die kommenden Wahlen gemeinsam gut bestreiten. „Lieber Andi Babler, die SPÖ Wien unterstützt die Bundespartei, wo wir können“, ließ er den Bundesparteichef wissen.

Auch die aktuell in Wien laufende Arbeiterkammerwahl erwähnte der Bürgermeister. Der Wiener FSG-Spitzenkandidatin und AK-Präsidentin Renate Anderl versicherte ebenfalls seinen Beistand. „Wien ist Anderl“, stellte Ludwig klar. Der Chef der Wiener Roten warnte auch einmal mehr vor einer Senkung der Lohnnebenkosten. Hier würde eine Reduktion bei der Kranken-, Unfalls, Pensions- und Arbeitslosenversicherung drohen.

Nach dem EU-Block sprach SPÖ-Parteichef Andreas Babler zu den Delegierten. Er bedankte sich beim Wiener Chef-Genossen Ludwig für seine Unterstützung bzw. bei der Wiener SPÖ, die es ermöglicht habe, den Europawahlauftakt beim Parteitag „mitzufeiern“, wie er es formulierte. „Ich darf mich bedanken für die Stimmung, die wir verspüren.“ Die Sozialdemokratie sei gewillt, dieses Land wieder besser zu machen.

Man wolle eine positive Perspektive für Österreich entwickeln. „Wir sind eine politische Alternative, die ganz anders tickt.“ Es sei auch die transportierte öffentliche, nämlich oft negative Einschätzungen falsch, zeigte er sich überzeugt. Denn die SPÖ gewinne seit geraumer Zeit Wahlen. „Wir haben starke Ergebnisse“, freut sich Babler. Zugleich sehe man eine ÖVP „in der Dauerkrise“, die überall abstürze und eine FPÖ, die nun schlechter werde.

Die SPÖ habe hingegen Siege gefeiert, etwa in der Stadt Salzburg, wo es jetzt einen roten Bürgermeister gebe. Auch in Landgemeinden in Salzburg habe man gewonnen, fügte er hinzu. Bei der Wahl in Innsbruck habe die SPÖ trotz „schwieriger Parteienlandschaft“ Zuwächse erzielt. Und: „Wir haben in Innsbruck in jedem Wohnbezirk gewonnen.“

Babler versprühte Optimismus: „Wir sind zurück mit Stolz und Würde, wir gewinnen diese Wahlen, weil wir diesem Land wieder eine Aufbruchsperspektive geben wollen.“ Man setze sich für Pensionistinnen und Pensionisten genauso ein wie für junge Menschen, die etwa leistbaren Wohnraum benötigen würden, beteuerte er. Außerdem sollten Kinder in der ganzen Republik jene Chancen erhalten, die sie auch in Wien schon hätten, streute er der Wiener SPÖ Rosen.

Wien sei etwa großherzig bei der Aufnahme von Kindern aus Kriegsgebieten gewesen. Nun werde Solidarität vom Bund eingefordert. Babler verwies darauf, dass er diesbezüglich in Traiskirchen schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. Dort habe das schwarze Innenministerium auch Kinder „im Dreck“ liegen lassen, beklagte er.

Am Nachmittag stand die Neuwahl der Gremien auf dem Programm, wobei es im Präsidium keine Änderungen geben soll. Ein Gegenkandidat für Ludwig ist nicht in Sicht. Der Landesparteivorsitzende war zuletzt 2022 mit 94,4 Prozent bestätigt worden.