Armeechef Aoun zum libanesischen Staatspräsidenten gewählt

Bei der ersten Abstimmung konnte sich kein Kandidat durchsetzen. Generalstabschef Aoun erreichte als aussichtsreichster Kandidat nur 71 der 128 Stimmen. Für einen Erfolg hätte er mindestens 86 Stimmen erhalten müssen. Im zweiten Wahlgang waren nur mehr mindestens 65 Stimmen erforderlich.

Joseph Aoun ist derzeit dafür zuständig, die im November vereinbarte Waffenruhe zwischen der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz und Israel zu überwachen. Die Hisbollah ist als politische Partei ein maßgeblicher Faktor der Macht im Libanon.

Im Parlament gab es vor den Abstimmungen eine hitzige Debatte. Einige der Abgeordneten weigerten sich, für Aoun zu stimmen. Sie argumentierten, dass es dafür zunächst eine Verfassungsänderung geben müsste. Gemäß der Verfassung dürfen Personen, die in den zwei Jahren vorher einen höheren Beamtenposten innehatten, nicht zum Präsidenten gewählt werden. Diese Regel wurde allerdings bereits bei früheren Präsidentschaftskandidaten gebrochen.

Das kleine Mittelmeerland steckt in einem politischen Machtvakuum fest. Der Libanon war seit mehr als zwei Jahren ohne Präsident, nachdem Michel Aoun – nicht verwandt mit Armeechef Aoun – 2022 planmäßig aus dem Amt geschieden war. Die Wahl eines Präsidenten scheiterte bis dato immer wieder an Machtkämpfen innerhalb der politischen Elite.

Seitdem Michel Aoun aus dem Amt schied, war Ministerpräsident Najib Mikati geschäftsführend auch Staatsoberhaupt des Landes mit rund sechs Millionen Einwohnern. Die aktuelle Regierung ist ebenfalls nur eingeschränkt handlungsfähig. Gemäß einem Proporz nach ethnisch-religiösen Gesichtspunkten muss im Libanon der Präsident Christ sein, der Regierungschef sunnitischer Muslim und der Parlamentspräsident schiitischer Muslim.