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news/APA/Donnerstag, 06.03.25, 15:38:53

Abor & Tynna wünschen sich „zwölf Punkte aus Österreich“

Österreich ist heuer doppelt beim Eurovision Song Contest (ESC) in Basel vertreten: Neben dem heimischen Starter JJ geht nämlich das Wiener Duo Abor & Tynna für Deutschland an den Start, nachdem sich die beiden beim von Stefan Raab geleiteten Vorentscheid "Chefsache" durchsetzen konnten. Mit der APA sprachen die Geschwister über ihre derzeitige Gefühlslage, mit welchen Erwartungen sie in den Wettbewerb gehen und die allgegenwärtigen 12 Punkte.
APA/APA/Sony Music/Dominik Friess/Dominik Friess

APA: Sie wurden mit Ihrem Song „Baller“ am Wochenende zum deutschen ESC-Beitrag gewählt. Haben Sie das bereits realisiert?

Tynna: Gefühlsmäßig hat es ein wenig gedauert, bis ich es verarbeiten konnte. Aber jetzt bin ich auch angekommen und bin bereit, dass ich mich freuen kann. Wir haben schon ein bisschen einen Plan und sind auch weiter mit den Inszenierungsgesprächen. Ich bin sehr zuversichtlich und kann mich endlich freuen darauf.

Abor: Ich habe gestern oder vorgestern richtig realisiert, was passiert ist und habe mein Leben und meine Entscheidung, diesem künstlerischen Pfad zu folgen, Revue passieren lassen. Dabei habe ich mir gedacht, wie viel Glück reinspielen muss, dass man so weit kommt. Erfolg ist, wenn Glück auf Vorbereitung trifft. Ich freue mich auf das Abenteuer. Auch unser Album „Bittersüß“ wird jetzt gehört. Wir haben eineinhalb Jahre daran gearbeitet, sehr viel Energie und Zeit reingesteckt. In künstlerischen Berufen ist ja nicht garantiert, dass deine Arbeit Früchte trägt.

APA: Sind Sie ESC-Fans?

Tynna: Wir haben das geschaut, als wir ein bisschen jünger waren, haben es aber nicht jedes Jahr verfolgt. Es ist aber das größte Musikfest in Europa. Davon sind wir Fans und finden es toll, sonst würden wir nicht teilnehmen. Insofern ist es eine wunderbare Möglichkeit, die wir jetzt ausnützen dürfen.

APA: Als deutscher Vertreter stehen Sie direkt im Finale am 17. Mai. Nimmt das ein wenig den Druck?

Tynna: Ich habe mich die vergangenen Jahre nicht mit den Regeln oder der Struktur des ESC auseinandergesetzt. Die Info, dass wir direkt im Finale sind, ist für die Leute, die den Song Contest verfolgen, vollkommen klar – für mich war das nicht klar. (lacht) Ich habe das erst vor ein paar Tagen realisiert. Es war eine geile Nachricht. Wir freuen uns natürlich, dass wir konzentriert auf diese Performance hin arbeiten können.

Abor: Und was den Druck betrifft: Man hat uns immer wieder gesagt, dass Deutschland in den letzten Jahren keine guten Platzierungen bekommen hat. Die Messlatte ist dementsprechend eigentlich nicht hoch. Es gibt da keinen Druck.

APA: Stand jemals zur Debatte, für Österreich anzutreten?

Abor: Es war vor ein paar Jahren mal kurz die Rede davon, aber da hatten wir noch keine musikalische Identität, hatten noch nie einen Liveauftritt. Jetzt haben wir genug Musik veröffentlicht, damit es nicht nur ein ESC-Act ist, sondern mehr dahintersteckt.

APA: Sie treten mit einem deutschsprachigen Beitrag an. Das gab es tatsächlich schon länger nicht…

Tynna: Es hat sich so ergeben. Wir haben auch einen englischen Song für den ESC geschrieben. Aber ich bin jetzt sehr glücklich darüber, dass wir mit einem deutschen Song antreten. Bis jetzt war das Feedback aus dem Ausland auch sehr gut. Die Leute freuen sich, dass Deutschland sich traut, mit seiner eigenen Sprache wieder anzutreten.

Abor: Die Pointe vom Song ist ja nicht die Sprache, sondern der Vocal-Job, den die Leute cool finden und der international gefeiert wird, weil man es einfach nachsingen kann. Dass der Song zusätzlich Deutsch ist, ohne was von dieser Pointe wegzunehmen, ist sehr schön.

APA: Was nehmen Sie sich für Basel vor?

Tynna: Ich kann nur ein Ziel verfolgen, nicht 500 gleichzeitig. Jetzt ist mein Ziel, dass die Performance so geil wird wie möglich und ich so gut singe wie möglich. Ein paar Minuten danach werde ich mir sicher denken: Hoffentlich ist das gut genug, um eine gute Platzierung zu erreichen. (lacht) Aber was danach passiert, liegt nicht in unserer Hand.

APA: Wie viele Punkte wünschen Sie sich aus Österreich?

Abor: Ich würde schon gern 12 Punkte aus Österreich bekommen. (lacht)

Tynna: Ich kann das schwer einschätzen. Vielleicht sind ein paar Leute unzufrieden, dass wir jetzt als Österreicher für Deutschland antreten. In der Geschichte des ESC gibt es da aber keine Einschränkungen. Für die Schweiz trat auch Céline Dion an. Es ist ein Fest von Musik und Verbindung. Andere finden es vielleicht cool. Insofern hoffe ich natürlich auf 12 Punkte.

APA: Ihr Vater ist Mitglied der Wiener Philharmoniker, Sie beide haben auch eine klassische Musikausbildung. Wie sieht Ihre Familie Ihre Musik und die Teilnahme beim Song Contest?

Tynna: Unsere kleine Schwester spielt Geige und ist unser Fan Nummer eins. Sie hört unser Album rauf und runter. Unsere Mama ist auch ein großer Fan, auch Papa mag die Songs. Sie sind besonders glücklich, wenn wir ein paar klassische Elemente reinbringen. Am Anfang waren sie ein wenig überfordert mit der ganzen Aufmerksamkeit. Unsere Eltern sind da sehr vorsichtig und bodenständig. Als es im Finale aussah, als könnten wir tatsächlich gewinnen, wusste meine Mama zum ersten Mal nicht, wie sie damit umgehen soll. Sie machen sich natürlich auch Sorgen. Diese ganze Aufmerksamkeit bringt auch…

Abor: …viele Menschen zu Fall.

Tynna: (lacht) Das hast du jetzt sehr dramatisch ausgedrückt! Auf jeden Fall gibt es auch negative Seiten. Mittlerweile ist bei unseren Eltern aber angekommen, dass es einfach eine aufregende Zeit ist. Sie freuen sich mit uns über den Erfolg.

APA: Sie stehen erst am Anfang Ihrer Karriere. Haben Sie Angst, dass der ESC-Stempel sehr fest haften wird?

Abor: Ich habe keine Sorge. Bei vielen ESC-Acts wird ja die Produktion von den zuständigen Fernsehsendern übernommen, die sich aber nicht um die weitere Künstlerbildung kümmern. Wir haben ein ganzes Team hinter uns, das sich auch um andere Aspekte kümmert – unabhängig vom ESC.

Tynna: Wir sehen es auch an den Zahlen, dass es nicht nur beschränkt ist auf „Baller“, sondern das Album gehört wird. Genau sieht man es an den Ticketverkäufen unserer Tour, die im September ansteht. Das stimmt uns sehr positiv, dass es nicht komplett einsacken wird nach dem ESC.

APA: Was ist der ideale Ausgang für Sie am 17. Mai?

Abor: Ich würde gern gewinnen. Oder Platz 2, wenn JJ gewinnt.

Tynna: Geht man nicht mit diesem Ehrgeiz rein, ist es schon ein schlechter Beginn. Natürlich wollen wir soweit rauf wie möglich. Sollte es aber nicht so sein, ist es halb so wild. Es ist eine Ehre, am ESC teilzunehmen – etwas, das nicht viele Musiker in ihrem Leben bekommen.

ZUR PERSON: Das Popduo Abor & Tynna besteht aus den Wiener Geschwistern Attila und Tünde Bornemisza, die schon seit mehreren Jahren gemeinsam Musik machen. Mitte Februar veröffentlichten sie mit „Bittersüß“ ihr Debütalbum, auf dem sich auch die nunmehrige Song-Contest-Nummer „Baller“ findet. 2024 waren Abor & Tynna als Supportact bei der Tour von Nina Chuba dabei. Ihr Vater Csaba Bornemisza ist Cellist bei den Wiener Philharmonikern.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

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