apa.at
blog / Montag 18.05.20

APA Check Avatar Ist ein Mund-Nasen-Schutz für Blasmusiker verpflichtend?

Die Maßnahmen gegen das Coronavirus gehen zu weit und sind absurd, finden immer mehrere Menschen. Vor allem Internetuser versuchen in Sozialen Medien aus skurrile Ergebnisse der Covid-19-Verordnung aufmerksam zu machen. So sollen etwa auch Blasmusiker mit Mundschutz proben müssen (Beispiel 1). Diese Behauptung erlangte vor allem Reichweite, als FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl auf Facebook ein Bild mit dem Text „SCHWARZ-GRÜN: Blasmusiker müssen Mundschutz tragen“ postete. Doch wie steht es nun wirklich um unsere heimischen Blasmusiker?

Zu überprüfende Information: Blasmusiker in Österreich müssen bei Proben und Konzerten einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Einschätzung: Das ist nur bedingt richtig. Blasmusik zu beruflichen Zwecken fällt laut Sozialministerium unter die Ausnahmeregelung der Covid-19-Lockerungsverordnung (§ 10 Abs 5 Z 3) und ist in diesem Rahmen möglich. Nicht-berufliche Blasmusiker fallen unter den Veranstaltungs-Begriff der Covid-Lockerungs-Verordnung, wonach in geschlossenen Räumen eine Mundschutzpflicht gilt sowie weitere Maßnahmen. Proben von nicht beruflichen-Musikern unter freiem Himmel dürften aber laut Sozialministerium unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen ohne Maske stattfinden.

Überprüfung: Wie eine Sprecherin des Sozialministeriums dem APA-Faktencheck-Team auf Anfrage mitteilte, müssen berufliche Blasmusiker keine Maske beim Spielen tragen, dürfen sowohl draußen, als auch drinnen spielen und können auch mehr als zehn Personen sein, da für sie eine Ausnahmeregelung der Covid-19-Lockerungsverordnung (§ 10 Abs 5 Z 3) gilt. Diese Ausnahmeregelung trat mit Ablauf des 14. Mai 2020 in Kraft. Hintergrund ist laut Sozialministerium, dass die Priorität auf dem Schutz der Gesundheit liegt, gleichzeitig aber Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sichergestellt werden sollen.

Ein Treffen von über einen Verein organisierten Blasmusikern fällt hingegen unter den Veranstaltungs-Begriff der Covid-Lockerungsverordnung. Dabei gilt: Proben und Konzerte von Blasmusikverbänden in geschlossenen Räumen sind derzeit nicht möglich, da ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden müsste und das das Spielen unmöglich macht. Zusätzlich dürften bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen nicht mehr als zehn Personen anwesend sein, pro Person müsste eine Fläche von zehn Quadratmetern zur Verfügung stehen und es gilt die Abstandsregel. Aber Proben mit bis zu zehn Personen unter freiem Himmel könnten stattfinden, wenn zwischen den Musikern ein Abstand von einem Meter eingehalten wird, so die Sprecherin des Sozialministeriums.

Der Österreichische Blasmusikverband bestätigte dem APA-Faktencheck-Team die genannten Regelungen für Proben oder Konzerte von nicht-beruflichen Blasmusikern innerhalb von Räumlichkeiten.

Für eine Studie zur Risiko-Einschätzung für das Musizieren mit Bläsern kooperieren derzeit der Bund Deutscher Blasmusikverbände (BDB), die Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände (BDMV) und das Freiburger Institut für Musikermedizin (FIM). Dafür werden in Konzertsälen und Proberäumen Messungen mit Bläserensembles durchgeführt. Ziel dieser Untersuchungen sei es, wissenschaftlich fundierte Aussagen als Grundlage für weitere Handlungsempfehlungen der Politik zu erhalten, wie es auf der Website der BDMV heißt.

Erste Messungen zu Atemluftbewegungen beim Musizieren wurden in Zusammenarbeit des Freiburger Institut für Musikermedizin mit den Bamberger Symphonikern bereits durch ein Ingenieurbüro durchgeführt. Dabei ergaben sich bei Holz- als auch bei Blechbläsern „kaum messbare Atemluftbewegungen“, heißt es.

Die Untersuchung wurde Anfang Mai durchgeführt. Die Ergebnisse werden derzeit ausgewertet. Es wurden laut Freiburger Institut für Musikermedizin „alle im Orchester üblichen Blasinstrumente sowie Blockflöte und Saxophon sowie Sänger*innen (klassischer Gesang und populäre Gesangsstile) in die Untersuchung einbezogen“. Durchgeführt wurden sowohl qualitative Versuche zur Strömungsvisualisierung als auch quantitative Messungen der Luftgeschwindigkeiten in verschiedenen Abständen.

Update 25. Mai 2020: Im zweiten Update zur Freiburger Risikoeinschätzung sagen die Forscher, dass es ihrer Meinung nach nicht notwendig sei, einen Abstand von drei bis fünf Metern zu halten. Das Risiko einer Tröpfcheninfektion sei sehr gering einzuschätzen. Kondenswasser sollte aufgefangen und Instrumente in separaten Räumen gereinigt werden.

 

Wenn Sie zum Faktencheck-Team Kontakt aufnehmen oder Faktenchecks zu relevanten Themen anregen möchten, schreiben Sie bitte an faktencheck@apa.at

Valerie Schmid/Florian Schmidt