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APA-Value / Dienstag 23.04.24

„Renaissance von Demokratie und redaktionellen Medien“

Welche Bedeutung hat die Epoche von Michelangelo, Shakespeare und Luther heute für die Gegenwart? Welche Lehren können wir aus der Renaissance ziehen – was sollten wir besser bewusst hinter uns lassen? Ein hochkarätig besetztes Podium beleuchtete beim Symposium „Das Heute der Renaissance“ der drei Kulturstätten Kunsthistorisches Museum (KHM), Schallaburg und Schloss Ambras aus unterschiedlichsten Disziplinen Kontinuitäten und Brüche mit dem rund 500 Jahre zurückliegenden Zeitalter, in welchem Wissenschaften, Künste sowie Humanismus, aber auch Absolutismus, Geldadel und religiöser Eifer aufblühten.

Unter der Moderation von Genetiker Markus Hengstschläger diskutierten und sprachen KHM-Generaldirektorin Sabine Haag, Schallaburg-Geschäftsführer Erwin Klissenbauer, Veronika Sandbichler (Direktorin Schloss Ambras Innsbruck), Historiker Tobias Roth, KHM-Kurator Guido Messling, Bildungspsychologin Christiane Spiel, Heinz Faßmann (Präsident Österreichische Akademie der Wissenschaften), Philosophin Lisz Hirn sowie APA-CEO Clemens Pig.

v.l.: Historiker Tobias Roth, Bildungspsychologin Christiane Spiel, APA-CEO Clemens Pig, Heinz Faßmann (Präsident Österreichische Akademie der Wissenschaften), Philosophin Lisz Hirn, Genetiker Markus Hengstschläger (Moderation), Veronika Sandbichler (Direktorin Schloss Ambras Innsbruck) und Guido Messling (Kurator für Deutsche Malerei, Gemäldegalerie Kunsthistorisches Museum)
Foto: Daniel Auer

„Wir können aus der Renaissance lernen, wie es geht, aber auch, wie es nicht geht“, schickte Moderator Hengstschläger in seiner Anmoderation voraus. Gastgeberin Sabine Haag betonte etwa “die Relevanz, die Neugier und Bildung, damals wie heute, als Treiber für Weiterentwicklung und Innovationen haben”. Tobias Roth führte im Umkehrschluss weiter aus, den Menschen ins Zentrum zu stellen, wie es in der Renaissance passierte, bedeutete auch, radikal alles auszubeuten, was nicht der Mensch ist: „Die Renaissance und die herrschende Begeisterung für alles Technische haben den Weg zur Klimaproblematik beschert.“

Die Erfindung des Buchdrucks als Auslöser eines radikalen Medien- und Gesellschaftswandels wurde mehrmals betont. APA-CEO Clemens Pig zog hier Parallelen zum aktuellen Technologiewandel: „Was der Buchdruck damals war, wird Trusted AI für die Kommunikations- und Medienbranche der Gegenwart sein.“ Angesichts sinkenden Vertrauens in die Wissenschaften sowie feudaler Strukturen, die durch die Dominanz der Tech-Giganten entstehen und in denen das „Recht des Stärkeren“ vermehrt gelte, sah Pig jedoch auch Gemeinsamkeiten unserer Zeit mit dem Mittelalter. In einer utopischen Annahme hätte das Internet das Betriebssystem für mehr demokratische Teilhabe und Partizipation sein können, doch “viele positive Erwartungen an das Internet haben sich in den vergangenen knapp 30 Jahren leider nicht erfüllt.” Er plädierte für eine „Renaissance von Demokratien und redaktionellen Medien“, deren Eintritt wir aktiv herbeiführen müssen: „Democracy will win – if we fight for it“, zitierte er Barack Obama.

„Was der Buchdruck damals war, wird Trusted AI für die Kommunikations- und Medienbranche der Gegenwart sein.“ (Clemens Pig, Geschäftsführender Vorstand APA – Austria Presse Agentur)
Foto: Daniel Auer

Lehren und Empfehlungen für heutige Bildungsreformen suchte Christiane Spiel in der humanistischen Orientierung der Renaissance. Ex-Bildungsminister Heinz Faßmann betonte die Notwendigkeit eines neuen Humanismus im Gegensatz zum Renaissance-Humanismus, von der Ich-Bezogenheit der Renaissance hin zu einem Blick auf unsere Umwelt: „Wir brauchen Innovationen in Richtung Nachhaltigkeit.“

Lisz Hirn ortete damals wie heute eine starke Sehnsucht nach einer neuen Epoche – Stichwort Digitaler Humanismus – und spannte den Bogen zu Künstlicher Intelligenz. “Wir nutzen die KI, um die Kontrolle über die Zukunft zu erhöhen, während sie uns dabei dazu bringt, so zu handeln, wie sie es prognostiziert hat”, umriss Hirn eine Problematik, wenn wir der KI vertrauen: “Verlieren wir damit nicht wesentliche Teile unserer Entscheidungsfreiheit über die Zukunft?“

Buchtipp:
Clemens Pig: „Democracy Dies in Darkness. Fake News, Big Tech, AI: Hat die Wa(h)re Nachricht eine Zukunft?"