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blog / Dienstag 03.03.20

APA Check Avatar Werden in der Türkei syrische Geschäfte attackiert?

Ein Tweet (archiviert: http://archive.is/T5VNj), der unter anderem von der österreichischen Grünen-Politikerin Berîvan Aslan geteilt (archiviert: http://archive.is/ApQnL) wurde, behauptet, dass im beigefügten Video aktuelle Ereignisse in der Türkei zu sehen seien. Demnach sollen Erdogan-Unterstützer, unter ihnen Anhänger der Grauen Wölfe, im Süden der Türkei syrische Flüchtlinge und deren Geschäfte attackiert haben. Dasselbe Video findet sich auch in weiteren Tweets mit ähnlichen Beschreibungen.

 

Zu überprüfende Information: Ein aktuelles Video zeigt, dass im Süden der Türkei gegen syrische Flüchtlinge demonstriert wird.

 

Einschätzung: Das Video ist echt und nach dem Begräbnis eines in Syrien getöteten Militärs entstanden, als zahlreiche Bürger in Kahramanmaras auf die Straße gingen. Darunter befanden sich auch Anhänger der Grauen Wölfe, die Stimmung gegen syrische Flüchtlinge machten.

 

Überprüfung: Der Verfasser des Postings ist laut Profilbeschreibung bei zwei Unternehmen in Bangladesch tätig. Von der Person selbst findet sich sonst nur ein LinkedIn-Profil. Über die Unternehmensseiten konnte nicht verifiziert werden, dass es sich um den echten Twitter-Account der Person handelt.

 

Eine Analyse der Publikations-Zeitpunkte seiner Tweets lässt zwar keinen klaren Rhythmus des Verfassers erkennen, könnte aber mit der Tageszeit in Bangladesch zusammenpassen. Auf seinem Profil teilt der Verfasser in teilweise hoher Frequenz und wiederholt Bilder, Videos und Nachrichtenmeldungen mit oft polarisierenden Texten. Beliebtes Thema ist dabei die Situation der Flüchtlinge in der Türkei und Griechenland.

 

Im Video sind die Schilder mehrerer Geschäfte zu erkennen, darunter die Namen „PASA LOCANTA“, „Suryana“ oder „KUPON“. Über diese Namen lässt sich in einer Google-Bildersuche schnell herausfinden, dass es sich um die Stadt Kahramanmaras im Süden der Türkei handelt. Sucht man dort nach „KUPON“, findet man auch den genauen Standort.

 

Über die Bildersuche stößt man auch auf einen mittlerweile gelöschten Onlinebericht zu dem Vorfall, der noch über den Google-Cache aufzurufen ist. Der regionalen Tageszeitung „Manset“ zufolge kam es nach der Beerdigung des in Syrien getöteten Militärs Akif Akçadağ zu Demonstrationen, bei denen sich Zehntausende Bürger beteiligten und einige Demonstranten auch „Arbeitsplätze syrischer Flüchtlinge angriffen“. Berichte von größeren Zeitungen finden sich nicht.

 

Die Beerdigung fand am 29. Februar 2020 statt. Auf Youtube lassen sich einige Videos (Video 1Video 2Video 3) mit Upload-Datum 29. Februar und 1. März finden, die das Geschehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln dokumentieren.

 

Auch wenn keine direkten Übergriffe auf Syrer festzustellen sind, weisen auch hier die Titel und Videobeschreibungen auf Spannungen hin. Laut „Manset“ wurde unter anderem „Kahramanmaraş’ta Suriyeli istemiyoruz“ („Wir wollen keine Syrer in Kahramanmaraş“ gesungen. Im Video zeigen zahlreiche Personen den „Wolfsgruß“ der Grauen Wölfe.

 

In Kahramanmaras kam es laut Hürriyet bereits im Juli 2014 zu Ausschreitungen gegen Syrer. Dass das Videomaterial von diesem Vorfall stammt, kann allerdings aufgrund des Wetters und der Kleidung der Menschen ausgeschlossen werden. Das Wetter im Video passt mit den Wetterdaten für die Region an diesem Zeitpunkt zusammen.

Wenn Sie zum Faktencheck-Team Kontakt aufnehmen oder Faktenchecks zu relevanten Themen anregen möchten, schreiben Sie bitte an faktencheck@apa.at.

Florian Schmidt/Christian Kneil

AKTUALISIERT AM 28. MAI 2020 10:26