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blog / Montag 16.03.20

APA Check Avatar Weniger Soldaten wegen ungesunder Rekruten?

Österreichs Bundesheer stehen immer weniger junge Männer zur Verfügung. Schuld daran sei der immer schlechtere Gesundheitszustand der 17- bis 18-Jährigen bei der Musterung, schreiben manche Medien (Beispiel), deshalb soll nun eine sogenannte „Teiltauglichkeit“ eingeführt werden. Doch ist die sinkende Wehrtauglichkeit der einzige Grund für das Problem?

Zu überprüfende Information: Von Jahr zu Jahr stehen dem Bundesheer weniger taugliche junge Männer zur Verfügung, was am immer schlechteren Gesundheitszustand der Rekruten liegt.

Einschätzung: Eingeschränkt richtig. Die Rate der Wehrtauglichen sinkt, allerdings ist die Gesundheit nicht der einzige Grund dafür. Auch die zurückgehenden Geburtenzahlen und die steigende Attraktivität des Zivildienstes tragen dazu bei, dass dem Bundesheer die jungen Männer abhanden kommen.

Überprüfung: Gab es beim Geburtsjahrgang 1972 noch 48.316 Stellungspflichtige, von denen 84,4 Prozent tauglich, 8,9 Prozent untauglich und 6,7 Prozent vorübergehend untauglich waren, sanken die Werte laut Statistik Austria bis Jahrgang 2000 auf nur noch 37.783 Stellungspflichtige mit 20,2 Prozent Untauglichen (tauglich: 76,2 Prozent, vorübergehend untauglich 3,6 Prozent).

Gestiegen ist auch die Quote der Übergewichtigen, von 17,2 (1972) auf 29,3 Prozent (2000). Aus den detaillierten Diagnosedaten geht hervor, dass die Zahl der jungen Männer mit Adipositas, also krankhaftem Übergewicht, beim Jahrgang 1990 bei 4.831 lag (10,8 Prozent der damals 44.937 Stellungspflichtigen), beim Jahrgang 2000 bei 4.870 (12,9 Prozent der 37.783 Stellungspflichtigen).

Der Raucheranteil wird seit dem Geburtsjahr 1982 erhoben. Die damals geborenen waren bei ihrer Musterung 18 Jahre später zu 52 Prozent Raucher. Beim Jahrgang 2000 lag der Raucheranteil nur noch bei 26,6 Prozent, war also fast auf die Hälfte gesunken.

Der Pool an Grundwehrdienern sinkt aber nicht nur wegen der Geburten- und Gesundheitsdaten, sondern auch wegen des Zulaufs zum Zivildienst. Von knapp über 1.000 Personen Anfang der 1980er-Jahre stieg deren Zahl laut Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf etwa 15.000 in den vergangenen Jahren.

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Christian Hammer/Florian Schmidt
AKTUALISIERT AM 22. MAI 2020 19:19