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blog / Donnerstag 23.03.23

APA Check Avatar Viele Länder weltweit planen Verbot von Verbrennern

APA/dpa/Symbolbild

Um die Umwelt zu entlasten, wird in mehreren Ländern ein Verbot der Zulassung von Verbrennungsmotoren angedacht. Auch in der EU wird darüber diskutiert, in welcher Form diese Neuerung kommen soll. User in sozialen Medien versuchen derweilen, diese Bemühungen herabzuspielen. Laut einer Karte soll nur in der EU und im US-Bundesstaat Kalifornien ein Verbot neuer Verbrennungsmotoren ab 2035 geplant sein (1). In Wirklichkeit sind viel mehr Länder auf den Zug aufgesprungen.

Einschätzung: Nicht nur die EU arbeitet auf ein Verbot der Verbrennungsmotoren hin, auch zahlreiche andere Länder auf der ganzen Welt haben ähnliche Verbote zum Teil auch schon früher geplant.

Überprüfung: Es ist eine unhaltbare Behauptung, dass nur die EU und Kalifornien ein Verbot neuer Verbrennungsmotoren anstreben. In zahlreichen Staaten rund um den Erdball finden ähnliche Überlegungen statt, die teilweise strenger als das Vorhaben der EU sind und auch schon konkreter gesetzlich verankert sind.

In der EU sind die genauen Ziele nämlich noch gar nicht fertig beschlossen. Das EU-Parlament war sich im Februar dieses Jahres zwar bereits formell einig (2), aber im März kündigte Deutschland doch noch ein Veto gegen die Pläne an (3).

Hintergrund der aufgekommenen Debatte: Deutschland und mittlerweile mehrere Länder, darunter auch Österreich (4), befürchten eine zu starke Beschränkung auf elektrische Antriebstechnologie. Sie fordern eine Prüfung der Nutzung von klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels), die auch in Verbrennern verwendet werden könnten.

Die EU bot in den vergangenen Tagen bereits ein Entgegenkommen an. Demnach könnte eine Verwendung von solchen Kraftstoffen in Verbrennern möglich sein, solange die Motoren erkennen, falls doch Benzin oder Diesel getankt wird und mit einer automatischen Abschaltung reagieren (5). Ob dieser Vorschlag allen Mitgliedsstaaten genügt, bleibt offen. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing will den Vorschlag laut Reuters-Angaben (6) nicht komplett zurückweisen, er sei für Deutschland aber problematisch, da Autohersteller neue Motoren entwickeln müssten.

In mehreren Ländern ähnliche Verbote
Unabhängig des Geplänkels in der EU arbeiten aber bereits auf der ganzen Welt Länder an Verboten für neue Verbrennungsmotoren. Diese sind allesamt nicht in der geteilten Karte eingezeichnet, obwohl sie ähnliche, manchmal sogar strengere Überlegungen veröffentlicht haben.

In der direkten Umgebung der EU finden sich in gleich drei Ländern frühere Stichtage für ein Verbot der Zulassung von Verbrennern. So wollen etwa Island und Großbritannien ab dem Jahr 2030 keine Fahrzeuge mit Verbrennern mehr auf den Markt bringen (7,8). Norwegen will sogar ab dem Jahr 2025 nur noch Personenfahrzeuge und Kleinlaster ohne Emissionen zulassen (9).

Blickt man über mehrere Ländergrenzen und Gewässer hinweg, wird etwa auch in Israel ein Verkaufsverbot von Verbrennern mit 2030 angepeilt (10). Bis zum Jahr 2035 wollen dies auch Kanada (11) und Chile erreichen (12).

Überlegungen und schrittweise Umsetzungen sind auch in den USA (13,14), in Australien (15), Japan (16) und China (17) zu beobachten. Sri Lanka will Verbrennungsmotoren bis zum Jahr 2040 sogar gänzlich von den Straßen bringen.

Mehrere Staaten, Städte und Produzenten engagiert
Eine Unterstützung einiger weiterer Länder, Städte und sogar Automobilhersteller belegt eine im Rahmen der UN-Klimakonferenz COP26 im Jahr 2021 veröffentlichte Erklärung (18,19,20). Hier unterzeichneten etwa die Unternehmen Mercedes-Benz, Volvo, Daimler, Ford oder General Motors, dass neu verkaufte Autos und Kleinbusse bis 2040 „und in führenden Märkten nicht später als 2035“ emissionsfrei sein sollen.

Neben wichtigen Industrieländern sind auch Schwellen- und Entwicklungsländer vertreten. Die Türkei oder Uruguay, aber auch afrikanische Länder wie Kenia und Ruanda gehörten zu den Unterzeichnern.

Die in sozialen Medien geteilte Weltkarte ist daher falsch. Außerdem ist bereits mit freiem Auge zu erkennen, dass es sich um keine Karte einer offiziellen Institution handelt, da der US-Bundesstaat Kalifornien nicht korrekt eingezeichnet (21) und auch eine andere Farbe als bei den EU-Staaten verwendet worden ist. Als Basis diente eine Karte mit allen EU-Ländern aus einer Adobe-Bilddatenbank (22).

Das Aus für Verbrennungsmotoren wird als wichtige Maßnahme für die Reduktion des weltweiten CO2-Ausstoßes erachtet. In der EU ist es Teil des „Fit für 55“-Pakets und soll Mitgliedsstaaten unterstützen, „ihre höheren nationalen Ziele im Rahmen der Lastenteilungsverordnung zu erreichen, und technologische Innovationen in diesem Sektor anregen“ (23).

Quellen
(1) Beitrag auf Facebook: http://go.apa.at/2h9WcZLc (archiviert: https://archive.is/uCnMI)
(2) Zeit-Artikel zu Verbrenner-Aus im EU-Parlament: http://go.apa.at/0AOtq5Lf (archiviert: https://archive.is/wMEFx)
(3) ORF-Beitrag zur Verbrenner-Debatte: http://go.apa.at/lZj8bhDZ (archiviert: https://archive.is/viMMR)
(4) Welt-Artikel mit österreichischer Position: http://go.apa.at/5d4fmKsB (archiviert: https://archive.is/qR2Ft)
(5) Standard-Artikel über EU-Entgegenkommen: http://go.apa.at/6IZf83ii (archiviert: https://archive.is/LaZ8Y)
(6) Reuters-Meldung über EU-Vorschlag: http://go.apa.at/AUOT43SB (archiviert: https://archive.is/hrYyh)
(7) Klima-Aktionsplan in Island: http://go.apa.at/PW0jLdYV (archiviert: https://perma.cc/T9F7-YT5J)
(8) Regierungspläne in Großbritannien: http://go.apa.at/Kaog5ROe (archiviert: https://archive.is/yV3lJ)
(9) Regierungsziele in Norwegen: http://go.apa.at/CP7go1bb (archiviert: https://archive.ph/SePls)
(10) Globes-Bericht über Pläne in Israel: http://go.apa.at/w1tX19nf (archiviert: https://archive.is/FFliP)
(11) Pressemitteilung der kanadischen Regierung: http://go.apa.at/gzuHYeEL (archiviert: https://archive.is/4PHm6)
(12) Information auf chilenischer Regierungsseite: http://go.apa.at/oLLSQkTC (archiviert: https://archive.is/bG7zY)
(13) Forbes-Artikel mit Informationen zu US-Staaten: http://go.apa.at/cVmpUHNe (archiviert: https://archive.is/V4CkO)
(14) New Jersey Inquirer über US-Pläne: http://go.apa.at/a5dIpqtU (archiviert: http://go.apa.at/r90WFSi2)
(15) Sky News-Artikel zu australischer Entwicklung: http://go.apa.at/4bgzludC (archiviert: http://go.apa.at/pCx4CaQh)
(16) Reuters-Meldung über Japan-Ziele: http://go.apa.at/jnoUHUjv (archiviert: https://archive.is/sHQKF)
(17) CBS News über chinesische Provinz: http://go.apa.at/05YxDzx8 (archiviert: https://archive.is/fUBte)
(18) Britische Regierung zu COP26-Übereinkommen: http://go.apa.at/jPv63PFv (archiviert: http://go.apa.at/2x04Gnfk)
(19) Deutsche Welle über COP26-Erklärung: http://go.apa.at/0HNTnMYE (archiviert: http://go.apa.at/ar6N1Q0F)
(20) Informationen auf UNFCCC-Homepage: http://go.apa.at/UlZ3UzBh (archiviert: https://archive.is/MgShP)
(21) Kalifornien auf der Landkarte: http://go.apa.at/JUIQHxPA (archiviert: https://archive.is/S6w1B)
(22) Bild bei Adobe Stock: http://go.apa.at/2FC6yJHs (archiviert: https://archive.is/IeH2G)
(23) Europäischer Rat zu Maßnahmen: http://go.apa.at/iz4Lx38q (archiviert: https://perma.cc/N6L7-56C9)

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Florian Schmidt / Valerie Schmid