Der neue Parteichef der Partei „Team HC Strache, Allianz für Österreich“ (vormals DAÖ), Heinz-Christian Strache, hat bei seiner Antrittsrede (Minute fünf ca.) am 15. Mai 2020 gesagt, dass man in der Corona-Krise versucht habe „eine Zwangsapp zu implementieren“ (Anm. gemeint ist die „Stopp Corona“-App des Roten Kreuz) und dass „Zwangsimpfungen angedacht werden“. Diese Behauptungen wurden etwa von der Tageszeitung „Die Presse“ erwähnt und finden sich auch in einer OTS-Aussendung der DAÖ vom 5. Mai 2020.
Zu überprüfende Information: In Österreich wurde in der Corona-Krise versucht, die „Stopp Corona“-App des Roten Kreuz zu implementieren und es wird eine Zwangsimpfung gegen das Coronavirus angedacht.
Einschätzung: Das ist falsch. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) plädierte Anfang April für eine verpflichtende Nutzung der „Stopp Corona“-App, sprach sich einen Tag später aber doch für eine freiwillige Nutzung aus. Es gibt keine Hinweise darauf, dass in Österreich derzeit (Stand 20. Mai 2020) eine Zwangsimpfung gegen das Coronavirus angedacht ist.
Überprüfung: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat sich am 4. April 2020 im Nachrichtenmagazin „profil“ für eine verpflichtende Nutzung der „Stopp Corona App“ des Roten Kreuz ausgesprochen. „Wenn evident ist, dass wir die Menschen schützen können und jeder Kontakt festgehalten wird, dann sage ich dazu Ja“, hieß es damals. Einen Tag später trat er doch für eine freiwillige Nutzung ein: „Wir bleiben am Weg der Freiwilligkeit“, sagte er in einer ORF-Sendung.
Damit war Sobotka der einzige Politiker, der sich zumindest kurzzeitig explizit für eine verpflichtende App-Nutzung ausgesprochen hatte. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) legte sich nicht auf eine verpflichtende oder nicht verpflichtende Nutzung fest, bestätigte aber Anfang April, auf Tracking setzen zu wollen. Österreicher, die kein Smartphone besitzen, könnten mit Schlüsselanhängern ausgestattet werden, war seine damalige Überlegung.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) laut Tageszeitung Standard, die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, laut Tageszeitung Kurier, der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried laut OTS-Aussendung und die NEOS-Landesrätin Andrea Klambauer laut Nachrichtenprotal salzburg24 waren gegen eine verpflichtende Nutzung. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl kritisierte Sobotka in einer OTS-Aussendung für seine Aussage. Damit äußerten sich Politiker aller großen Parteien zu dem Thema. Auch das Rote Kreuz, das für die Corona-App verantwortlich ist, sprach sich laut salzburg24 dagegen aus.
Bis dato gibt es keine Hinweise darauf, dass in Österreich eine Corona-Zwangsimpfung angedacht ist, wie Strache am 15. Mai sagte.
Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) befürwortete als einziger dezidiert eine Impfpflicht für Covid-19, wie er dem „profil“ am 20. Mai 2020 sagte. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) beurteilte gegenüber der APA eine Impfpflicht generell eher kritisch. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ist laut ORF im Zweifelsfall für eine Impfpflicht.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach sich bei einer Pressekonferenz am 20. Mai 2020 gegen eine Impfpflicht in Sachen Coronavirus aus. Diese werde es nicht geben, sagte er.
In einer Talkshow der „Kronen Zeitung“ vom 13. Mai 2020 war die Rede davon, dass die viel „diskutierte Impfpflicht gegen das Coronavirus das Land spaltet“, die Diskutanten waren allerdings alle gegen eine Impfpflicht.
Lediglich ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz deklarierte sich nicht ganz eindeutig gegen eine Impfpflicht. Sie sagte, für sie stelle sich die Frage“ aufgrund der Dauer bis zur fertigen Entwicklung und Verfügbarkeit des Impfstoffs noch nicht“, betonte aber gleichzeitig, dass notorische Impfgegner sowieso nicht zu überzeugen sein würden und man daher noch mehr Aufklärung betreiben müsse. Die Notwendigkeit von Aufklärung bzw. Information sahen auch die Gesundheitssprecher der Grünen, Ralph Schallmeiner, der NEOS, Gerald Loacker und der SPÖ, Philip Kucher als wichtig an. Der FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak bezeichnete sich als „generellen Gegner der Impfpflicht“.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach am 7. April 2020 in einem Interview mit Servus TV davon, dass solange es keine Impfung und kein Medikament gebe, das natürlich auch Auswirkungen auf die Reisefreiheit habe. Das impliziert aber keineswegs eine Impfpflicht.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ am 18. April, dass „sicherlich die Debatte nach der Impfpflicht“ kommen werde .Er glaubt aber, dass die Zustimmung zur Impfpflicht sehr, sehr hoch sein werde und dass er auch immer die Bedenken der Impfgegner ernst genommen habe. Auch das spricht nicht für das derzeitige Andenken einer Impfpflicht.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach sich in der ORF-Pressestunde am 17. Mai 2020 gegen eine Impfpflicht aus.
Auf EU-Ebene betonte der kroatische Tourismusminister Gari Cappelli am 27. April 2020 bei einer Videokonferenz der EU-Tourismusminister die Notwendigkeit eines „gemeinsamen Dokuments, etwa in der Form eines „Covid-19 Passes“, welcher in allen EU-Staaten gültig sei. Nähere Informationen dazu gibt es aber keine, zB. ob dieser Pass eine Impfpflicht miteinschließt und auch keine Reaktionen der anderen EU-Länder auf diese Idee.
Eine Anfrage des APA-Faktencheckteams beim „Team HC Strache“ zu Verständnis und Grundlage der Aussagen Straches blieb ohne Antwort.