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blog / Dienstag 22.09.20

APA Check Avatar T-Zellen nicht mit Immunität gleichzusetzen

In einem viralen Facebook-Posting, das bereits über 1.000 Mal geteilt wurde, wird behauptet, dass laut der „Virusepidemiologischen Information“ Nr. 18/20 der Medizinischen Universität Wien bis zu 50 Prozent der untersuchten Blutspender eine Immunität gegen Sars-CoV-2 haben. Eine Pandemie soll dadurch nicht möglich sein.

Zu überprüfende Information: Bis zu 50 Prozent der Blutspender haben laut der MedUni Wien eine Immunität gegen Sars-CoV-2.

Einschätzung: Das ist teilweise falsch. Sogenannte T-Zellen lassen sich finden und können laut der „Virusepidemiologischen Information“ Nr. 18/20 der Medizinischen Universität Wien unter anderem für eine schnellere Virusabwehr bei einer Infektion mit dem Coronavirus sorgen. Von einer Immunität gegenüber Sars-CoV-2 ist jedoch nicht die Rede. Zudem müsse laut der Universität generell noch geklärt werden, ob und wie die T-Zellen die Immunantwort auf eine SARS-CoV-2 Infektion oder den Krankheitsverlauf beeinflussen können.

Überprüfung: Der Beitrag „T-Zellen gegen SARS-CoV-2“ in der „Virusepidemiologischen Information“ Nr. 18/20 stammt von der österreichischen Virologin Judith Aberle, die am Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien tätig ist. Sie führt in dem Beitrag aus, dass wie auch bei anderen Virusinfektionen die spezifische Immunabwehr gegen Sars-CoV-2 von T-Zellen reguliert werde. Diesen T-Zellen kommt eine bedeutende Rolle zu: Sie könnten andere Immunzellen aktivieren, die daraufhin „schützende Antikörper produzieren und virusinfizierte Zellen abtöten“. Antikörper und Gedächtniszellen blieben dann nach der Infektion erhalten.

B- und T-Gedächtniszellen würden eine neuerliche Infektion mit dem Coronavirus wahrscheinlich nicht gänzlich verhindern, könnten aber für eine schnellere Virusabwehr sorgen. Von einer Immunität ist hier keine Rede.

In dem Beitrag der MedUni-Wien heißt es weiter, dass sich T-Zellen nicht nur im Blut von genesenen Covid-19 Patienten finden würden. Auch bei manchen Menschen, die noch gar keine Infektion mit dem neuen Coronavirus gehabt hätten, finden sich die Zellen. Etwa bei gesunden Personen aus den Jahren 2015 bis 2018, als es Sars-CoV-2 noch gar nicht gab.

„Je nach Studie konnten in 20 bis 50 Prozent der Blutspender T-Zellen gegen Sars-CoV-2 nachgewiesen werden. Auch in Österreich haben wir in unseren bisherigen Untersuchungen in 30 Prozent der Blutproben aus den Jahren 2018-2019 (…) T-Zellen gegen verschiedene Sars-CoV-2 Proteinen gefunden“, heißt es.

Aus diesem Abschnitt hat der Facebook-User offenbar die Behauptung, bis zu 50 Prozent der Blutspender hätten eine Immunität gegen Sars-CoV-2, her. Dieser Schluss kann aber auf Basis der Informationen im Artikel nicht gezogen werden, denn erstens – wie oben angeführt – lösen T-Zellen keine reine Immunität aus, sondern sorgen für eine schnellere Virusabwehr. Und zweitens müsse laut dem Beitrag generell noch geklärt werden, ob T-Zellen die Immunantwort auf eine „Sars-CoV-2-Infektion, den Krankheitsverlauf oder eventuell auch eine Covid-19 Impfung“ beeinflussen können.

Die Gedächtnis T-Zellen könnten die Immunantwort auf eine SARS-CoV-2 Infektion, aber auch auf Covid-19 Impfstoffe beeinflussen, indem sie eine schnellere Antikörperantwort gegen Sars-CoV-2 vermitteln, wird in dem Beitrag im Konjunktiv ausgeführt.

Darauf verwies auch ein Pressesprecher der Medizinischen Universität Wien gegenüber der APA – Austria Presse Agentur per Mail: „Die MedUni Wien stellt fest, dass es sich um vorläufige Ergebnisse handelt und dass die Bedeutung der in den Untersuchungen nachgewiesenen T-Zellen noch nicht erforscht ist. So ist es in der virologischen Information auch eindeutig festgehalten.“

In einem Artikel in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Immunology“ von Juli 2020 wurde ebenfalls beschrieben, dass eine T-Zell-Reaktivität gegen Sars-CoV-2 bei nicht exponierten Personen beobachtet wurde. Die Ursache und die klinische Relevanz der Reaktivität seien jedoch noch unklar. Es werde vermutet, dass die Gedächtnis T-Zellen auf andere Coronaviren zurückzuführen seien.

Auch die wissenschaftliche Fachzeitschrift „Cell“ schrieb im Juni 2020 über das Thema. T-Zellen seien bei etwa 70 bis 100 Prozent der COVID-19-Rekonvaleszenten identifiziert worden. Bei 40 bis 60 Prozent der nicht-exponierten Personen seien ebenfalls bestimmte T-Zellen nachgewiesen worden, was auf eine „kreuzreaktive T-Zell-Erkennung zwischen zirkulierenden ‚Erkältungs‘-Coronaviren und Sars-CoV-2 schließen“ lasse.

 

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Valerie Schmid/Florian Schmidt

 

AKTUALISIERT AM 24. SEPT. 2020 10:19