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blog / Donnerstag 05.11.20

APA Check Avatar Stammen Videos vom Anschlag in Wien?

Besonders bei extremen Ereignissen verbreiten sich unbestätigte Gerüchte wie Lauffeuer. So auch beim Terroranschlag in Wien am Montag. Spekulationen über Geiselnahmen, zahlreiche Attacken und flüchtige Mittäter stellten sich im Endeffekt als falsch heraus.
Besondere Vorsicht ist dabei immer bei Bild- und Videomaterial geboten. Wir wollen uns daher einige virale Videos ansehen und einstufen, ob diese vom Anschlag in Wien stammen.

An dieser Stelle müssen wir darauf verweisen, dass wir zwei virale Videos, in denen durch Schüsse getroffene Personen zu sehen sind, nicht in diesem Faktencheck verwenden. Dafür müssten wir nämlich nach unseren Faktencheck-Regeln auch das Originalmaterial archivieren und verlinken. Das wollen wir vermeiden.

Zu überprüfende Information: Bild- und Videomaterial von bewaffneter Person in Gasse wurde im Zuge des Terroranschlags in Wien aufgenommen.

Einschätzung: Die Aufnahme stammt aus Wien und zeigt den Attentäter.

Überprüfung: Hierbei handelt es sich wohl um eines der viralsten Videos, das auch schnell geteilt wurde. Mit der Information, dass die Schüsse in der Nähe des Schwedenplatzes bzw. in der Seitenstettengasse gefallen sind, konnte das Video schnell verifiziert werden. Vor allem drei Merkmale liefern entscheidende Hinweise: ein gelbes Schild, ein grünes Schild und das Muster des Straßenpflasters.

Bild: Screenshot Google Street View

Zu überprüfende Information: Video zeigt Festnahme des Attentäters durch Wiener Polizei.

Einschätzung: Das ist falsch. Das Video stammt aus Barcelona.

Überprüfung: In dem Video sieht man zwar die Straßenbeschriftung „Bus“ und „Taxi“, allerdings sind diese Begriffe auch im nicht-deutschsprachigen Raum gebräuchlich. In diesem Fall ist auffällig, dass die Polizeifahrzeuge nicht wie die Autos der österreichischen Polizei aussehen. Auch die gelben Markierungen an der Straßenseite sind in Österreich nicht üblich.
Ein Abgleich mit europäischen Polizeiautos lenkt den Verdacht auf Spanien als Entstehungsort. Hier finden sich über eine Google-Suche mit den Schlagwörtern „Police“, „Spain“ und „Cars“ Fahrzeuge der katalanischen Polizei, die mit dem karierten Streifen denen im Video sehr ähnlich sehen. Wenn man nach Videos aus Spanien sucht, die mit Ausschreitungen und Polizeieinsätzen in Verbindung zu bringen sind, stößt man schnell auf Videos wie in diesem Tweet. Darin wird behauptet, dass sich der Vorfall in Barcelona zugetragen haben soll. Dies kann durch Medienberichte (Washington Post, Berliner Zeitung) und weitere Videos auf Twitter bestätigt werden.

Zu überprüfende Information: Ein Video zeigt brennendes Auto in Wien am Abend des Anschlags.

Einschätzung: Das ist falsch. Die Aufnahme ist aus Wien, allerdings schon ein paar Jahre alt.

Überprüfung: Im Video lässt sich der Schriftzug „Pfandhaus“ erkennen. Durch einen Abgleich mit den Pfandhäusern in Wien findet man das richtige Gebäude, nämlich das Auto-Pfandhaus in der Wagramer Straße 138.

In den Presseaussendungen der Wiener Polizei der Tage 2. November bis 5. November (Teil 1, Teil 2) lässt sich kein derartiger Vorfall finden, allerdings scheinen diese – vermutlich durch die Auslastung durch den Terroranschlag – nicht vollständig zu sein. Auch aktuelle Medienberichte sind mit einer Google-Suche nicht zu finden.
Allerdings brachte eine weitere Recherche eine Meldung aus der Tageszeitung „Heute“ zutage. Darin wird von einem Autobrand in der Schrickgasse im Jahr 2012 berichtet. Das Foto eines Leserreporters zeigt eindeutig die Fenster, die gleich neben dem Pfandhaus in der Schrickgasse auch auf Google Street View zu sehen sind. Nachdem das Auto auf dem Bild nicht mehr brennt, kann es gut sein, dass es nach dem Brand von der Kreuzung ein paar Meter in die Gasse gerollt worden ist.

Bild: Screenshot Google Street View

Zu überprüfende Information: Ein Video zeigt Szenen am Schwedenplatz zur Zeit des Anschlags.

Einschätzung: Das ist richtig.

Überprüfung: Über Google Street View lässt sich eindeutig die U-Bahn-Station Schwedenplatz erkennen. Im Hintergrund sieht man den Ringturm. Die Schussgeräusche in der Audiospur und die Abwesenheit von Menschen deutet darauf hin, dass die Aufnahme aktuell war.

Zu überprüfende Information: Ein Video mit knienden Männern mit nacktem Oberkörper zeigt eine Szene in Wien.

Einschätzung: Das ist richtig.

Überprüfung: Von dieser Situation gibt es auch noch mehr Bildmaterial aus anderen Blickwinkeln. Zu erkennen ist vor allem der Schriftzug „Wagner“. Dadurch lässt sich schnell feststellen, dass sich die Situation vor dem Juwelier Wagner am Graben ereignete. Zu erkennen sind neben den Schildern auch ein Mistkübel und eine Sitzbank.

Bild: Screenshot Google Street View

 

Wenn Sie zum Faktencheck-Team Kontakt aufnehmen oder Faktenchecks zu relevanten Themen anregen möchten, schreiben Sie bitte an faktencheck@apa.at

Florian Schmidt/Franz Spiegelfeld

 

AKTUALISIERT AM 5. NOV. 2020 16:56