apa.at
blog / Freitag 13.10.23

APA Check Avatar Originalaufnahmen der Mondlandung überschrieben

APA/Getty/Symbolbild

Verschwörungstheorien erfahren im Internet eine riesige Aufmerksamkeit, sie hatten aber schon vor der Ära der Digitalisierung Tradition. Einer der hartnäckigsten Mythen ist die angeblich inszenierte Mondlandung der USA, die in verschiedenen Formen seit den 70er-Jahren kursiert. Derzeit geistern auch in Österreich mehrere Behauptungen (1,2,3) durch soziale Medien, die das angebliche Verschwinden der Originalaufnahmen aus den Archiven der US-Raumfahrtsbehörde NASA hinterfragen.

Einschätzung: Die Behauptungen sind nur teilweise richtig. Die telemetrischen Aufnahmen der Mondlandung wurden zwar überspielt, vermutlich um Geld zu sparen. Laut NASA fehlt allerdings kein Bildmaterial der Mondlandung, da es zahlreiche Kopien und Aufnahmen von dem historischen Ereignis gibt. Lediglich die Aufnahmen, die von Apollo 11 direkt in die NASA-Zentrale übertragen wurden, sind zum Teil gelöscht.

Überprüfung: Die Mondlandung von Apollo 11 im Jahr 1969 war ein globales Phänomen, das von 600 Millionen Menschen weltweit live mitverfolgt wurde (4). Aufgrund dessen gibt es mehrfache Aufnahmen aus mehreren Quellen, unter anderem vom US-amerikanischen Fernsehsender CBS.

Vor dem 40. Jubiläum der Mondlandung hat die NASA versucht, die alten Aufnahmen wiederzufinden. Allerdings gab die Weltraumorganisation bereits 2006 zu, dass der Standort der Videoaufnahmen unbekannt war (5). Ein Team von Interessenten von innerhalb und außerhalb der NASA machte es sich zur Aufgabe, die fehlenden Aufnahmen zu finden. Die Suche nach den Originalaufnahmen endete erfolglos, aber das Team fand die „best-formatierten Fernsehaufnahmen der Apollo 11 Mondlandung“ und holte auch eine NASA-Finanzierung für eine digitale Verbesserung der Tapes ein (6).

Der inoffizielle Leiter des Teams war Richard Nafzger, ein Ingenieur im NASA Goddard Space Flight Center. Die Aufnahmen wurden zwar identifiziert, waren aber bereits gemeinsam mit 200.000 anderen Filmaufnahmen entmagnetisiert und wiederverwendet worden. In einem Interview wies Natzgar darauf hin, dass Filmaufnahmen damals einen völlig anderen Stellenwert hatten. Man hätte einen Historiker gebraucht, der auf die Wichtigkeit der Aufnahmen hingewiesen hätte (5).

Um das Bildmaterial trotzdem zu vervollständigen, griff NASA auf Aufnahmen von CBS News zurück. Sie verwendeten auch sogenannte Kinescope (Aufnahmen von Fernsehprogrammen auf fotografischem Film mit einer Linse, die auf den Bildschirm eines Monitors gerichtet ist), die im Filmlager des Johnson Space Centres in Houston lagerten. Die restaurierten Aufnahmen sind bis heute im Netz verfügbar (7,8).

Doch die Geschichte nimmt noch eine skurrile Wendung: 2019 wurden im Auktionshaus Sotheby’s drei der verschollenen Videoaufnahmen versteigert (9). Diese stammen von einem ehemaligen NASA Praktikanten, der 1976 die Aufnahmen unwissentlich bei einer Auktion für nicht mehr gebrauchtes staatliches Inventar ersteigerte. Laut der Sotheby’s Webseite zahlte Gary George damals 217,77 Dollar für insgesamt 1.150 Rollen magnetischer Videobände.

Weil eine Rolle Ampex Videoband damals 260 US Dollar kostete, plante George, die Filmrollen an Fernsehsender zu verkaufen, weil sie auch aus zweiter Hand gut nutzbar waren. Dass diese historisch-relevanten Aufnahmen letztendlich nicht auch gelöscht wurden, ist Georges Vater zu verdanken. Er bemerkte drei Behälter mit der Aufschrift „APOLLO 11 EVA | July 20, 1969 REEL 1 [-3]“ und empfahl seinem Sohn, sie zu behalten.

Erst als 2008 George erfuhr, dass die NASA die Filmrollen suchte, kam es zur Kontaktaufnahme. Da nicht einmal klar war, ob die Aufnahmen überhaupt noch abspielbar waren, kam kein Austausch zustande und George wandte sich an externe Experten. Diese hatten das Equipment, um die Rollen abzuspielen und zu digitalisieren. Danach ließ George die Aufnahmen bei Sotheby’s versteigern, wo sie im Juli 2019 1,8 Millionen Dollar einholten (10).

Mondlandungsverschwörungen haben seit Jahrzehnten Tradition. Trotz robuster Beweise, dass die Mondlandung tatsächlich stattfand (11, 12, 13) und dass um die 400.000 Angestellte der NASA und Auftragnehmer notwendig waren, um die Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf den Mond zu bringen, reichte anfangs eine Person, um Zweifel an der Authentizität der Mondreise zu wecken.

Laut einem Artikel vom „Guardian“ hat nämlich ein ehemaliger Mitarbeiter von Rocketdyne, einer Firma, die Raketenmotoren herstellte, 1976 mit einem Pamphlet mit dem Titel „We Never Went to the Moon: America’s Thirty Billion Dollar Swindle“ eine Lawine losgetreten (14). Der Autor, Bill Kaysing, hätte laut Guardian „eine Intuition“ gehabt, die sich zu einer „echten Überzeugung“ entwickelte. Er habe versucht, dieses Gefühl mit Bildern und Behauptungen zu untermauern. Obwohl er keine überzeugende Evidenz bieten konnte, hat die Idee weitreichend Gehör gefunden und ist bis heute in Verschwörungskreisen beliebt.

Wäre es denn überhaupt möglich, eine Mondlandung zu fälschen? Laut einem Artikel von Science, das sich auf eine Studie der Online-Fachzeitschrift PLOS ONE bezieht, müssten mehr als 400.000 Menschen Teil der Verschwörung und der Vertuschung sein (15). Diese Zahl an Mitverschwörern macht eine Geheimhaltung zunichte – laut der Studie wäre die Fälschung spätestens nach vier Jahren aufgeflogen.

Hinweis am 13. Oktober 2023: Dieser Faktencheck wurde bereits am 28. September 2023 ausgespielt, aufgrund einer Misskommunikation allerdings erst am 13. Oktober 2023 auf der APA-Faktencheck-Webseite veröffentlicht.

Links

(1) Behauptung auf Facebook 1: https://go.apa.at/e0qScckP (archiviert: https://archive.ph/6cx9a)

(2) Behauptung auf Facebook 2: https://go.apa.at/zEaJOoMr (archiviert: https://perma.cc/EKG6-JA6K)

(3) Behauptung auf Facebook 3: https://go.apa.at/UgbOypqz (archiviert: https://archive.ph/Lpv7E)

(4) National Archives: https://go.apa.at/xJtfms6t (archiviert: https://archive.ph/ZhAZ6)

(5) Reuters: https://go.apa.at/G0oqDeic (archiviert: https://archive.ph/tyRFW)

(6) Apollo 11 TV Tapes Report: https://go.apa.at/6qKbJBL0 (archiviert: https://archive.ph/7qSlP)

(7) NASA: https://go.apa.at/Dp4i78U3 (archiviert: https://archive.ph/VGEy7)

(8) NASA YouTube: https://go.apa.at/ZGMWMzYX (archiviert: https://perma.cc/P564-T8SM)

(9) Sotheby’s: https://go.apa.at/a93r1AfD (archiviert: https://archive.ph/khuOo)

(10) CNBC-Meldung zu Sotheby’s: https://go.apa.at/bjE4cpTM (archiviert: https://archive.ph/JK9jQ)

(11) Smithsonian: https://go.apa.at/tXpO7571 (archiviert: https://archive.ph/pPLSG)

(12) Institute of Physics: https://go.apa.at/fb7FQqI2 (archiviert: https://archive.ph/eyhBd)

(13) Royal Museums Greenwich: https://go.apa.at/vtpyTX5x (archiviert: https://archive.ph/BgbI4)

(14) The Guardian: https://go.apa.at/DMnQqqW8 (archiviert: https://archive.ph/oEMiP)

(15) Science-Artikel: https://go.apa.at/spa7JVeG (archiviert: https://archive.ph/SdOvy)

Wenn Sie zum Faktencheck-Team Kontakt aufnehmen oder Faktenchecks zu relevanten Themen anregen möchten, schreiben Sie bitte an faktencheck@apa.at. Die Texte vieler deutschsprachiger Faktencheck-Teams finden Sie auf der Seite des German-Austrian Digital Media Observatory (GADMO) unter: www.gadmo.eu

Jules Walker / Florian Schmidt