Menschheit stößt deutlich mehr CO2 aus als Vulkane

Die Reduktion von Schadstoffemissionen wie CO2 steht derzeit weltweit auf zahlreichen politischen Agenden. Kritiker argumentieren oft, dass diese Reduktion gar nicht sinnvoll sei oder vom Menschen gar nicht ausreichend vorgenommen werden könne. In diesem Zusammenhang kursiert etwa eine weit verbreitete Behauptung, dass der Vulkan Ätna auf Sizilien in wenigen Stunden mehr CO2 in die Erdatmosphäre freigesetzt haben soll als der Mensch in seiner gesamten Geschichte (1).

Einschätzung: Das ist falsch. Jeden Tag produziert die gesamte Weltbevölkerung mehr CO2 als der Ätna in einem ganzen Jahr ausstößt.

Überprüfung: Der menschliche Einfluss auf die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit der Mitte des 20. Jahrhunderts lässt sich einwandfrei nachweisen, etwa durch Daten des Mauna Loa Observatoriums auf Hawaii (2). Eine Zunahme vulkanischer Aktivitäten wurde in dieser Zeit allerdings keine (3) gemessen.

Es gibt keine Anzeichen darauf, dass Vulkane für den CO2-Anstieg seit Beginn der Industrialisierung verantwortlich sind (4). Zu diesem Schluss kam etwa das deutsche Umweltbundesamt (5) im Jahr 2019. Der vulkanische CO2-Ausstoß gegenüber dem des Menschen müsse unbedeutend sein, da sich in den vergangenen Jahrtausenden kein Anstieg hätte beobachten lassen, bevor die CO2-Emissionen des Menschen im Laufe des Industriezeitalters deutlich angestiegen sind.

Allein dies deutet darauf hin, dass bei Vulkanausbrüchen keineswegs so viel CO2 ausgestoßen wird, wie behauptet. Laut einem Paper aus dem Jahr 2011 emittieren Vulkane generell bei weitem nicht so viel (6) Kohlenstoffdioxid in die Erdatmosphäre wie der Mensch.

Der vulkanische CO2-Ausstoß entspreche den Daten des Umweltbundesamtes zufolge laut Daten aus 2018 zwischen 0,7 und 1,5 Prozent der menschlichen Emissionen. Diese betrügen mehr als 41 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr. Der Vulkan Ätna alleine ist – je nach Studie – nur für bis zu 25 Millionen Tonnen pro Jahr verantwortlich (7,8). Dies macht nur 0,6 Promille des jährlichen menschlichen CO2-Ausstoßes aus. Umgerechnet bedeutet dies, dass der Vulkan im Jahr deutlich weniger CO2 ausstößt als die Menschheit an einem einzigen Tag.

Die virale Behauptung ist nicht neu. Schon vor mehreren Jahren kursierte sie fast wortgleich in sozialen Medien (9). Die Faktenchecker von USA Today (10) konnten die Behauptung sogar bis ins Jahr 2015 zurückverfolgen.

Das geteilte Bild ist, wie mit einer Bild-Rückwärtssuche festgestellt werden konnte, ein Teil eines Videos (11) zum Ausbruch des Ätna aus dem Februar 2021. Deswegen passt das zu sehende Wetter auch nicht mit den Wetterdaten des 21. Mai zusammen. An diesem Tag des Vulkanausbruchs war laut der italienischen Tageszeitung La Repubblica (12) schlechtes Wetter, was auch Wetterdaten (13) der Stadt Bronte am Fuße des Ätna von ebenjenem Tag belegen.

Links

(1) Facebook-Posting: https://go.apa.at/QBCssnzd (archiviert: https://archive.is/fiF0O)

(2) Mauna-Loa-Daten seit 1958: https://go.apa.at/A4tFoPfL (archiviert: https://archive.ph/8wpBQ)

(3) Entwicklung vulkanischer Aktivität: https://go.apa.at/8sZxwjsu (archiviert: https://archive.ph/ZgD9i)

(4) Artikel focus.de: https://go.apa.at/x7SN9LUJ (archiviert: https://archive.ph/p4WRd)

(5) Fragebeantwortung des Umweltbundesamts: https://go.apa.at/3ouRmybc (archiviert: https://archive.ph/1hunE)

(6) Paper aus dem Jahr 2011: https://go.apa.at/cdaWFP9s (archiviert: https://archive.ph/ZxExe)

(7) dpa-Faktencheck: https://go.apa.at/W1leE0CK (archiviert: https://archive.is/A7LaM)

(8) Untersuchung zum CO2-Ausstoß vom Vulkan Ätna: https://go.apa.at/06HmQGTH (archiviert: https://archive.is/FTRmg)

(9) Posting aus 2019 (nur archiviert: https://go.apa.at/K4niz8o4)

(10) Faktencheck USA Today: https://go.apa.at/uzburrNG (archiviert: https://archive.ph/Xope7)

(11) BBC-Artikel aus dem Jahr 2021: https://go.apa.at/BQhCqjKA (archiviert: https://archive.ph/MAhxB)

(12) La Repubblica: https://go.apa.at/UYqqmBOz (archiviert: https://archive.ph/qMdsP)

(13) Wetterdaten aus Bronte im Mai 2023: https://go.apa.at/gOA4eRa7 (archiviert: https://perma.cc/8DG6-M6AJ)

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Florian Schmidt / Stefan Rathmanner / Valerie Schmid