Bei einer Messerattacke in der britischen Stadt Reading sind vergangene Woche drei Menschen getötet und drei weitere schwer verletzt worden. Einige User wiesen in Sozialen Netzwerken auf eine mutmaßliche Verbindung zwischen dem Angriff am 20. Juni und der kurz davor stattgefundenen Black Lives Matter-Demonstration hin. (Beispiel 1, Beispiel 2).
Auch der FPÖ-Politiker Leo Kohlbauer äußerte sich zu dem Vorfall und schrieb, dass die Tat „am Rande einer BlackLivesMatter Demo“ erfolgte. Der Landtagsabgeordnete behauptete in einem Facebook-Posting auch, dass die Medien über die Herkunft des libyschen Tatverdächtigen schweigen würden. Dazu teilte er einen Screenshot von einem Facebook-ZIB-Bericht, in dem die Herkunft des Tatverdächtigen nicht vorkommt. Zudem schrieb Kohlbauer, dass „grotesker“ als die Tat nur noch der Umstand sei, dass die einzige „Person of Colour“, die im vergangenen Jahr von der britischen Polizei getötet worden sei, der Terrorist auf der London Bridge gewesen sei. Da diese Behauptungen durch ein Posting eines österreichischen Politikers auch hierzulande Relevanz bekommen, wollen wir sie überprüfen.
Zu überprüfende Information: Medien berichteten nach dem Vorfall nicht über die Herkunft des Reading-Täters. Die Tat stand im Zusammenhang mit der Black Lives Matter-Demonstration. Im vergangenen Jahr war die einzige „Person of Colour“, die von der britischen Polizei getötet wurde, der Terrorist auf der London Bridge.
Einschätzung: Die meisten der Behauptungen sind nicht richtig. Medien berichteten schon früh über die Herkunft des Täters. Die Tat steht laut Ermittlern in keinem Zusammenhang mit der Black Lives Matter-Demonstration. In den Jahren 2018/19 gab es 33 Fälle, in denen nicht-weiße Menschen durch oder nach dem Kontakt mit der britischen Polizei verstarben, beispielsweise durch Schießereien oder während bzw. nachdem sie sich in Polizeigewahrsam befanden. Durch Schießereien kamen im Jahr 2019 zwei schwarze Personen ums Leben, eine davon war der London Bridge-Täter.
Überprüfung: Die APA – Austria Presse Agentur berichtete am 21. Juni um 0:20 Uhr zum ersten Mal darüber, dass es sich bei dem Reading-Täter laut der Nachrichtenagentur PA um einen Libyer handeln soll. Die Meldung ist noch immer auf der Informationsplattform AOM der APA einsehbar. Auch Onlineportale übernahmen laut APA-Redaktionssystem diese Meldung, was jedoch schwer gezeigt werden kann, da die Portale mittlerweile aktuellere Versionen des Artikels drübergespielt haben.
Die deutsche Zeitung „Frankfurter Allgemeine“ berichtete um 03:29 Uhr über die Herkunft des Täters. Der Facebook-ZIB-Beitrag stammt vom 21. Juni um 11.28 Uhr, darin wurde tatsächlich die Herkunft des Tatverdächtigen nicht erwähnt – in der ZIB um 13.00 Uhr am 21. Juni allerdings schon.
Kohlbauer verfasste sein Facebook-Posting am 21. Juni um 11.17 Uhr. Es wurde danach mehrfach aktualisiert, zuletzt zwei Tage später am 23. Juni um 13:13 Uhr. Der Text des Postings wurde aber nicht verändert. Auf APA-Anfrage wies Leo Kohlbauer auf den „Stand der Medienberichterstattung“ beim Verfassen seines Postings am 21.06.2020 um 11:17 Uhr hin.