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blog / Samstag 09.08.25

APA Check Avatar Kürzungen für ukrainische Senioren bisher bundesweit

APA/dpa/Symbolbild
Sozialleistungen für Geflüchtete erregen hierzulande immer wieder die Gemüter. Während sich die eine Seite gegen jegliche soziale Unterstützung ausspricht, kritisieren andere in ihren Augen besonders strenge Kürzungen der Hilfen. So wurde zuletzt stark diskutiert, dass ukrainischen Vertriebenen bei einer bestehenden Pension in der Ukraine der Betrag von der österreichischen Grundversorgung abgezogen wird (1,2).
Einschätzung: Bis inklusive Juli wurde die Grundversorgung für Ukrainer und Ukrainerinnen bei Pensionsbezug aus dem Ausland gekürzt. Seit August gibt es in Wien einen Freibetrag von 110 Euro.
Überprüfung: Geflüchtete aus der Ukraine sind von der Vertriebenen-Verordnung vom 11. März 2022 abgedeckt (3) und erhalten vorübergehendes Aufenthaltsrecht, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen. Eine finanzielle Unterstützung wird in Österreich im Rahmen der Grundversorgung und über einen eventuellen Bezug der Familienbeihilfe ermöglicht (4).
Für Diskussionen sorgte dabei, dass den ukrainischen Geflüchteten in Österreich bei einer bestehenden Pension im Heimatland der Betrag von der Grundversorgung abgezogen wird. So kritisierte etwa der österreichische Flüchtlingskoordinator Andreas Achrainer zuletzt, dass „klassische Micky-Maus-Beträge zwischen 50 und 200 Euro“ zur Gänze auf die Grundversorgung angerechnet würden (5,6).
Umstritten ist dies unter anderem auch deswegen, weil für erwerbstätige Beziehende ein Freibetrag von 110 Euro monatlich als Zuverdienst möglich ist (7). Für Pensionsleistungen gab es bisher hingegen keinen Freibetrag.
In dieser Debatte schaltete sich auch der Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein. Laut Ö1 kritisierte Hacker am 21. Juli das Innenministerium für den Abzug der Pensionsbeiträge bei der Grundversorgung. In Wien sei es bisher zu keinen Rückforderungen gekommen. Ein Leser meldete sich daraufhin in den vergangenen Tagen bei APA-Faktencheck und bat um eine Prüfung dieser Aussage, da sie seiner Meinung nach nicht stimme.
Tatsächlich ergab eine APA-Anfrage beim Fonds Soziales Wien (FSW), dass „im Zuge der laufenden Hilfsbedürftigkeitsprüfungen durch den FSW als zuständige Stelle bis 31.7.2025 Pensionsbezüge gegengerechnet wurden“. Diese Regelung sei bundesweit angewendet worden und würde keine Freibeträge vorsehen.
Ab 1. August allerdings würden laut der FSW-Stellungnahme die ukrainischen Pensionsbezüge in Wien nicht mehr wie in den restlichen Bundesländern vollständig auf die Grundversorgung angerechnet. „Es werden künftig der Freibetrag von 110 Euro sowie die 65:35-Regelung zur Anwendung kommen“, heißt es demnach. Das bedeutet, dass 65% des darüberliegenden Bezugs auf die Grundversorgung angerechnet werden, solange dieser Betrag unterhalb der Grundversorgungsleistung liegt (7).
Auch ein Sprecher von Hacker verwies auf APA-Anfrage auf die neue Regelung. Dadurch würden Kleinstpensionen unter 110 Euro nicht mehr von der Grundversorgungsleistung abgezogen. Zur Frage, wie es zur Fehlinformation durch Hacker, der Vorsitzender des FSW-Beirats ist, im Ö1-Morgenjournal kam, verwies man lediglich auf die Umstände durch die Neubewertung der Situation.
In Wien leben laut Auskunft des FSW 2.710 Personen über 60-jährige Vertriebene aus der Ukraine, die Grundversorgung beziehen. In der Ukraine liegt das Pensionsalter für Frauen und Männer bei entsprechenden Versicherungszeiten einheitlich bei 60 Jahren (8).
Quellen
(1) Profil-Artikel: https://go.apa.at/Tg3jDCVk (archiviert: https://go.apa.at/XhxNnfV2)
(2) Falter-Artikel: https://go.apa.at/XR16tWqE (archiviert: https://go.apa.at/4NDpoHQl)
(3) Vertriebenen-Verordnung: https://go.apa.at/AZ3VscZk (archiviert: https://go.apa.at/YrltnOmO)
(4) FLAG 1967 in der aktuellen Fassung: https://go.apa.at/py6tDsc4 (archiviert: https://go.apa.at/Ak4nvrZb)
(5) Achrainer im Ö1 Morgenjournal: https://go.apa.at/hhIYFDlU  (archiviert: https://go.apa.at/MMycCwsh)
(6) FALTER-Posting mit Achrainer-Zitat: https://go.apa.at/sTZyYqs2 (archiviert: https://go.apa.at/qlvsAKp6)
(8) Bericht über Pensionssystem Ukraine: https://go.apa.at/KYY3CddL (archiviert: https://go.apa.at/zrWBpRfa)
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Florian Schmidt / Anna Wintersteller