Seit dem Impfstart in Österreich wurden bisher vor allem Risikogruppen in Altenheimen gegen das Coronavirus geimpft. Obwohl bisher kaum von Problemen zu hören war, wird von diversen Usern die Behauptung aufgestellt, dass die Auswirkungen katastrophal seien. „75 wurden geimpft! 9 leben noch!“, heißt es etwa in einem
Facebook-Posting (
hier archiviert). Es soll sich dabei um ein Seniorenheim in Graz handeln.
Zu überprüfende Information: In einem Grazer Seniorenheim starben nach einer Impfung mehr als 60 Personen.
Einschätzung: Es gibt keine Hinweise auf einen derartigen Vorfall. Weder die Stadt Graz noch kontaktierte Seniorenheime bestätigten die vorliegende Behauptung. Zudem sei es zu keinen vermehrten Todesfällen nach der Impfung gekommen.
Überprüfung: Die Stadt Graz verwies auf Anfrage auf das Grazer Gesundheitsamt, das für Totenbeschau und Sterbestatistik der Stadt zuständig ist: „Dem Grazer Gesundheitsamt ist kein einziger Fall eines Senioren- oder Pflegeheimes oder einer anderen Einrichtung bekannt, in der es in den vergangenen 6 Wochen zu gehäuften Todesfällen gekommen wäre.“ Ebenfalls gebe es keine Hinweise, dass es vermehrte Todesfälle nach Impfungen gegeben hätte.
Die Zahl der Todesfälle in öffentlichen und privaten Senioren- und Pflegeheimen wäre in den vergangenen Wochen vergleichsweise unauffällig gewesen, „da auch die Corona-Infektionsfälle in Graz in diesem Zeitraum deutlich zurückgegangen sind“. Seit Ende Dezember seien die durchschnittlichen Todesfälle pro Tag in Grazer Senioren-Einrichtungen deswegen sogar gesunken. Dies bestätigt auch ein Blick auf die
gemeldeten Neuinfektionen. Die Aussagen der Stadt Graz auf APA-Anfrage finden sich seit 11. Februar auch online
auf ihrer Homepage.
Auf Anfrage beim Land Steiermark wurde der APA eine Stellungnahme von Christian Schwarz, Leiter des Referats Pflegemanagement, übermittelt. Darin bestätigt er, dass die Behauptung im Facebook-Posting falsch sei und verweist ebenfalls auf die Behörden der Stadt Graz.
APA-Faktencheck hat zudem recherchiert, welche Seniorenheime alleine wegen der Anzahl der Mitbewohner als mögliche Schauplätze eines derzeitigen Vorfalls in Frage kommen würden und den Großteil davon kontaktiert. Antworten kamen bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von den Betreibern GGZ, Caritas, des Pflegeheims Graz-St. Peter und ADCURA.
Eine Sprecherin der Geschäftsführung der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz (GGZ) bestätigte, dass es in keinem der eigenen Pflegeheime zu einem Anstieg der Todesfälle nach der Impfung kam. Bei den GGZ handelt es sich um den größten Betreiber von
Seniorenheimen in Graz.
Vertreter der Caritas verneinten auf Anfrage der APA zu den Heimen Hubertusstraße und Straßgang ebenfalls, dass es in ihren Einrichtungen zu solchen Todesfällen gekommen sei. Weder sei es nach den Impfungen zu vermehrten Todesfällen gekommen, noch sei von einem anderen Heim bekannt, dass es zu einem solchen Vorfall gekommen sei. Laut dem Hausleiter des Pflegeheims Straßgang wurden sogar in den „Sterbemonaten“ November bis Jänner in den letzten 5 Jahren noch nie so wenige Sterbefälle wie in den letzten Monaten verzeichnet.
Auch im Pflegezentrum Graz-St.Peter sei es zu keinen vermehrten Todesfällen gekommen, ein derartiger Vorfall sei auch aus anderen Heimen nicht bekannt. Niemand sei nach den Impfungen verstorben. ADCURA verwies auf Anfrage auf die Daten der Stadt Graz und des Referats Pflegemanagement.
Antworten der anderen Grazer Pflegeeinrichtungen mit größeren Zahlen an Bewohnern waren zum Zeitpunkt der Fertigstellung noch ausständig. Ein vermehrtes Auftreten von Todesfällen nach der Impfung kann aber weder von offiziellen Stellen noch von einzelnen kontaktierten Pflegeeinrichtungen bestätigt werden.
Einem
Bericht des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zufolge traten in ganz Österreich im Berichtszeitraum 27.12.2020 bis 05.02.2021 insgesamt nur 18 gemeldete Todesfälle in einer zeitlichen Nähe zu einer Covid-19-Impfung auf. Bei zwei Patienten konnte nach einer Obduktion ein Zusammenhang mit der Impfung ausgeschlossen werden. Bei drei Personen fiel die Impfung in die Inkubationszeit einer COVID-19-Erkrankung. Bei sechs Menschen bestanden schwerwiegende Vorerkrankungen, die vermutlich todesursächlich waren. Die anderen sieben Fälle werden noch untersucht.
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Valerie Schmid/Florian Schmidt