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blog / Donnerstag 30.11.23

APA Check Avatar „Haaretz“-Artikel wird verfälscht wiedergegeben

APA/AFP/Archiv

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf israelische Grenzorte und ein Musikfestival werden manche Personen nicht müde, die Attacke und deren Folgen herunterzuspielen. Befeuert werden sie durch einen Artikel aus der israelischen Tageszeitung „Haaretz“, der ihrer Meinung nach eine andere Perspektive auf den Angriff gibt. Entsprechende Postings werden mit großer Reichweite geteilt (1,2).

Einschätzung: Der zitierte „Haaretz“-Artikel wird verfälscht und unvollständig wiedergegeben. Die Hamas sind für die Attacken am 7. Oktober verantwortlich. Das Musikfestival könnten sie spontan als Ziel ausgewählt haben.

Überprüfung: Die zirkulierenden Behauptungen liegen teilweise komplett abseits der Realität. In den viralen Beiträgen werden die Taten der Hamas relativiert. So wird etwa behauptet, dass der Zeitungsartikel aufdeckt, dass die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) die Zivilisten beim Musikfestival bzw. in den Grenzorten getötet und die Hamas gar nicht von dem Festival gewusst hätten. Vieles davon ist eindeutig zu verneinen, da die Hamas-Terroristen ihre Taten unter anderem selbst mit Bodycams aufgenommen haben und auch weiteres Videomaterial veröffentlicht worden ist (3,4,5). Um die Freilassung der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln wurde in den letzten Wochen ständig verhandelt (6).

Dass die Hamas nicht von dem Musikfestival gewusst hätte, steht tatsächlich in dem Zeitungsartikel der „Haaretz“ vom 18. November 2023 (7,8). Allerdings nicht in dem Sinne, dass sie nicht dort war, sondern dass sie dieses Ziel erst spontan im Laufe ihres Angriffes ausgewählt haben könnte. Laut einer polizeilichen Untersuchung hätten die Terroristen zuerst Kibbuze im Visier gehabt und erst auf ihrem Weg von dem Musikfestival mitbekommen.

In dem Zeitungsbericht wird ebenfalls kurz erwähnt, dass laut der Untersuchung ein IDF-Helikopter bei Schüssen auf Terroristen scheinbar auch Festivalbesucher getroffen habe. Dass es sich dabei allerdings nur um eine kleine Anzahl an Getroffenen gehandelt haben dürfte, wird in den Online-Beiträgen meistens verschwiegen.

Die Behauptung, dass Opfer von Massakern und Angriffen in Wirklichkeit die Drahtzieher hinter selbigen sind, ist vor allem in Kriegen und Konflikten gängig. So wird der Ukraine etwa immer wieder vorgeworfen, sich selbst zu beschießen, auch wenn scheinbare Beweise eindeutig widerlegbar sind (9). Auch im Fall von Israel werden neben den vorliegenden suggestiven Beiträgen eindeutig falsche Behauptungen geteilt, wonach etwa ein Video den Abschuss von Festivalbesuchern durch einen israelischen Helikopter zeigen soll. Experten konnten das Video weit vom Standort des Festivals entfernt verorten und somit überführen (10).

Im geteilten Beitrag wird mit Verweis auf eine nicht identifizierbare Grafik im Hintergrund nahegelegt, dass augenscheinlich rund die Hälfte der 1.200 Todesopfer der Angriffe der Hamas keine Zivilisten, sondern israelische Soldaten waren. Das ist falsch. Rund 70 Prozent der Opfer vom 7. Oktober wurden als Zivilisten identifiziert. Darüber hinaus starben 278 israelische Soldaten und 44 israelische Polizisten (11).

Der geteilte Beitrag enthält also nicht nur falsche Informationen. Er verkürzt und verfälscht die Informationen aus dem „Haaretz“-Artikel so stark, dass der Eindruck entstehen könnte, dass Israel für die Angriffe verantwortlich war und nicht die Hamas.

Links

(1) Behauptung auf Facebook: https://go.apa.at/zW8yKTsM (archiviert: https://archive.ph/lAsjQ, Video archiviert: https://go.apa.at/solJYkHF)

(2) Behauptung auf Telegram: https://go.apa.at/Y27QROaz (archiviert: https://archive.is/exfhJ)

(3) Artikel in „Die Presse“: https://go.apa.at/bPOSEcBa (archiviert: https://archive.ph/ItHxu)

(4) „AP News“ über Angriff auf Musikfestival: https://go.apa.at/Mn04PmKU (archiviert: https://go.apa.at/T1l6dycK)

(5) CNN-Bericht über Bodycam-Aufnahmen: https://go.apa.at/0H8Rlu9S (archiviert: https://go.apa.at/bD73QzR2)

(6) ORF-Artikel zur Freilassung von Geiseln: https://go.apa.at/mVZ1LT6f (archiviert: https://archive.ph/malad)

(7) „Haaretz“-Bericht über Untersuchung: https://go.apa.at/q7OZMyvg (archiviert: https://archive.is/b3azj)

(8) „Haaretz-Bericht in Englisch: https://go.apa.at/jiR55S36 (archiviert: https://archive.is/mdfQj)

(9) dpa-Faktencheck: https://go.apa.at/JHf8ksR3

(10) X-Thread von GeoConfirmed: https://go.apa.at/CJW97AsA (archiviert: https://ghostarchive.org/archive/mSii4)

(11) New York Times zu Todesopfern: https://go.apa.at/A15b7pmY (archiviert: https://archive.is/HdDBy)

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Florian Schmidt / Valerie Schmid