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blog / Freitag 11.12.20

APA Check Avatar Cola führt nur scheinbar zu positivem Antigentest

APA/dpa/Archiv

Ein Experiment des FPÖ-Generalsektretärs Michael Schnedlitz im Nationalrat sorgt für Aufregung. Schnedlitz versuchte mit einer Probe Cola zu beweisen, dass Antigen-Schnelltests selbst damit zu einem positiven Ergebnis führen und somit „wertlos“ seien, wie er selbst in einem Facebook-Posting mit dem Video schreibt. Selbiges verbreitet sich derzeit in Sozialen Medien in Windeseile, in manchen Postings wird sogar von einer „Fake-Pandemie“ gesprochen.

Zu überprüfende Information: Cola führt zu einem positiven SARS-CoV-Antigentest.

Einschätzung: Cola zerstört als säurehaltige Flüssigkeit die Struktur der Eiweiß-Indikatoren auf dem Reagenzträger und macht die Farbpartikel sichtbar, die sonst durch SARS-CoV-Antigene erscheinen. Von Schnedlitz wurden wichtige Schritte und Arbeitsbedingungen nicht beachtet.

Überprüfung:

Die Funktionsweise eines Antigentests wird etwa in der Packungsbeilage des „SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test“ vom Hersteller Roche erklärt. Es gibt zwei vorbeschichtete Linien, die sich auf der Oberfläche eines Nitrocellulose-Membrans auf dem Reagenzträger befinden. Es gibt eine Kontrolllinie „C“ und eine Testlinie „T“.

Die beiden Linien sind im Grundzustand nicht sichtbar und können erst bei einer durchgeführten Testung optisch wahrnehmbar werden. Rund um die Testlinie befinden sich Anti-SARS-CoV-Antikörper von Mäusen, während der Bereich um die Kontrolllinie mit Anti-Huhn-IgY-Antikörpern von Mäusen versehen ist. Es handelt sich jeweils um Proteine.

Die Anti-SARS-CoV-Antikörper sind zusätzlich mit Farbpartikeln gekoppelt, weshalb bei der Analyse einer Probe mit SARS-CoV-Antigenen auch eine Art Balken erscheint, der sich in eine Richtung bewegt. Ohne Antigene verfärbt sich die Testlinie bei einer Probe normalerweise gar nicht. Wenn sich die Kontrolllinie färbt, ist das Ergebnis ungültig.

Nun können aber nicht nur vorhandene Antigene dafür sorgen, dass die Farbpartikel auf dem Reagenzträger sichtbar werden. Dies kann auch erfolgen, wenn die damit gekoppelten Proteine einfach zerstört werden.

Dies ist etwa durch säurehaltige Cola möglich. Denn laut Hersteller Coca Cola besitzt klassisches Cola einen pH-Wert von 2,5. Ein Protein kann durch den Kontakt mit Säure in seiner Struktur verändert werden. Laut Chemie-Fachportal chemie.de nennt man dies Säuredenaturierung. Denaturierung kann auch bei Hitze erfolgen, etwa wenn man ein Ei kocht.

Der Leiter des Bereichs für patientennahe Diagnostik bei Siemens Healthineers, Christoph Pedain, bestätigte auf Anfrage der APA, dass Säure die Eiweiße auf dem Teststreifen zersetzen könne, an denen eigentlich die Eiweiße des Virus andocken sollen. Das Experiment von Schnedlitz zeigt also nur, dass die Eiweiße am Teststreifen zerstört worden sind.

„Durch das Zersetzen entstehen viele Bindungsstellen für die Farbpartikel im Test, und die Streifen werden sichtbar“, so Pedain. Für die Test-Praxis bei Menschen habe das keine Relevanz, „solange man keinen Patienten hat, der sich vorher mit Cola die Nase gespült hat“. Auch bei einem Schwangerschaftstest könnte somit ein quasi positives Ergebnis erzwungen werden.

Der Leiter des Instituts für Pharmakologie an der MedUni Wien, Prof. Michael Freißmuth, bestätigte der APA, dass sich durch einen niedrigen pH-Wert ein Testergebnis verfälschen lässt. „Hier verlieren Antikörper logischerweise ihre Spezifität bzw. binden sie überhaupt nicht mehr. Zusätzlich werden Proteine schlechter löslich und aggregieren (ballen sich zusammen) und präzipitieren (fallen aus)“, erklärte er.

Da bei Schnelltests die Detektion auf der Zusammenscharung der Goldpartikel und der „daraus resultierenden Plasmonresonanz“ beruhe, sei es nicht verwunderlich, „dass man bei niedrigem pH-Wert alle möglichen Artefakte auslösen kann, die zu einem falsch positiven Resultat führen“. Laut Freißmuth hätte man auch einen Grünen Veltliner nehmen können. Daher sei es wichtig, die richtigen Pufferlösungen zu verwenden.

Das Verwenden einer Pufferlösung ist generell ein wichtiger Schritt bei Antigentests. Dies belegt auch eine Gebrauchsanweisung eines Antigentests von Siemens auf der Homepage der Ärztekammer Tirol. Das „Lösen der Probe in Extraktionspuffer“ hat zwischen dem Abstrich und dem Auftragen der Probe auf dem Reagenzträger zu erfolgen: „Tupfer mindestens 6 mal im Puffer drehen, 1 Minute stehen lassen, Tupfer am Rand andrücken und entnehmen, Tropfkappe aufsetzen“, heißt es dort.

Ein Puffer wird laut chemie.de dazu verwendet, um Schwankungen des pH-Werts zu vermeiden – in diesem Fall, damit die Probe mit einer Flüssigkeit gemischt werden kann. Der pH-Wert von Wasser würde sich bei Zugabe von Säuren stark verändern. Bei der Mischung mit einem Puffer passiert dies nicht so stark.

Im Experiment von Schnedlitz wurde dieser wichtige Zwischenschritt ausgelassen. Außerdem wird für die Durchführung des Tests etwa von Roche ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese ausschließlich „für den professionellen Gebrauch im Labor und am Point-of-Care vorgesehen sind“.

 

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Florian Schmidt/Gregor Hochrieser