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blog / Freitag 07.07.23

APA Check Avatar Bild von Hand unter Strom zeigt keine Lichtabgabe

APA/AFP/Symbolbild

Anhänger der Esoterik beschwören manchmal ungeahnte menschliche Kräfte und Energien. Thema eines Facebook-Postings mit Hunderten Shares (1) ist dabei etwa die Lichtabgabe menschlicher Hände, die vor allem durch die Fingernägel erfolgen soll und mit einer angeblichen Abbildung energetischer Ausstöße einer Hand bebildert ist. Während sich eine menschliche Biolumineszenz durchaus wissenschaftlich beweisen lässt, hat die Aufnahme allerdings keineswegs mit Lichtemissionen zu tun.

Einschätzung: Das Bild zeigt eine Hand, die für wissenschaftliche Zwecke im Jahr 1900 unter schwachen Strom gesetzt worden ist. Die Biolumineszenz, also Lichtemission eines Menschen, ist tatsächlich nachweisbar, aber nur extrem schwach.

Überprüfung: Wie viele andere Lebenswesen auf diesem Planeten verfügt auch der Mensch über eine eigene Biolumineszenz (2), stößt also tatsächlich Licht aus (3). Dies konnte etwa eine Studie aus dem Jahr 2009 nachweisen (4), die Emission der Photonen sei aber tausendmal schwächer als das, was unser Sinnesorgane wahrnehmen könnten.

Diese sogenannte „ultra-weak photon emission“ (UPE) ist selbst heute noch schwer abzubilden (5) und sieht in Studien (6) anders aus als die auf Facebook geteilte Visualisierung. Somit stellt sich die Frage, woher dieses Bild eigentlich stammt.

Mit einer Messung einer UPE oder mit einer Lichtabgabe der menschlichen Hand hat das Bild nichts zu tun. Über eine Foto-Rückwärtssuche wird klar, dass das Bild von einigen Quellen (7,8) auf das Jahr 1900 datiert und einem Mann namens Hermann Schnauss zugeschrieben wird.

Auch im Online-Archiv der Wiener Albertina findet sich die Darstellung (9). Der Titel „Elektrographie einer Hand“ bestätigt die bereits in den anderen Quellen beschriebene Herstellungsmethode des Bildes. Als Urheber und Entstehungsdatum wird Hermann Schnauss im Jahr 1900 angegeben.

Auf Anfrage der APA bei der Albertina verwies das Kunstmuseum auf einen Ausschnitt aus „Fotografie und das Unsichtbare: 1840 bis 1900“ (10). Darin findet sich in einem Kapitel zu sogenannten Geisterfotografien auch das Bild von Schnauss mit einem erklärenden Absatz.

Für derartige Aufnahmen seien demnach Körperteile auf lichtempfindliche Platten gelegt worden, teilweise wurde den Menschen dabei schwacher Strom zugeführt. Die Motivation dafür kam zum einen von Anhängern des Animismus, die mit dieser Technik angebliche Kräfte oder Energien von Menschen sichtbar machen wollten. Dem entgegen stünden etwa die wissenschaftlichen Aufnahmen von Schnauss, dem es lediglich um das Verhalten von Elektrizität gegangen sei.

 

Links
(1) Beitrag auf Facebook: https://go.apa.at/gWw55Rcm (archiviert: https://archive.is/zQzW7)
(2) Lexikon-Eintrag Biolumineszenz: https://go.apa.at/Ub82lsnt (archiviert: https://go.apa.at/PH1qZXAb)
(3) „Guardian“-Artikel zu menschlicher Biolumineszenz: https://go.apa.at/ITSZ1ps2 (archiviert: https://perma.cc/FJ57-D6F4)
(4) Studie aus dem Jahr 2009: https://go.apa.at/ndOytZPE (archiviert: https://perma.cc/5UUE-2SBS)
(5) Artikel zur Abbildung menschlicher Biolumineszenz: https://go.apa.at/SnlqZbhK (archiviert: https://perma.cc/ZK97-XDTH)
(6) Artikel aus dem Jahr 2013: https://go.apa.at/mW5DQFty (archiviert: https://perma.cc/X2VX-2AWK)
(7) Bild in Blogeintrag: https://go.apa.at/y65meL73 (archiviert: https://perma.cc/7VTG-UXJ2)
(8) Verweis in Google Books: https://go.apa.at/PtX71mIS, Seite 284: https://go.apa.at/eVFQomkk
(9) Elektrographie im Online-Archiv der Albertina: https://go.apa.at/nPFcho1r (archiviert: https://archive.is/E2b4Y)
(10) „Fotografie und das Unsichtbare: 1840 bis 1900“: https://go.apa.at/LtdnT761 (archiviert: https://perma.cc/4B3G-HVA4)

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Florian Schmidt / Stefan Rathmanner