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blog / Donnerstag 28.04.22

APA Check Avatar Ausgebrannter Bus in Italien war kein E-Fahrzeug

APA/dpa/Symbolbild

Über E-Autos kursieren seit Jahren die unterschiedlichsten Falschinformationen, die vermeintliche Nachteile dieser Technologie hervorheben wollen. Auch derzeit soll ein virales Video auf die Gefahren aufmerksam machen. In dem Video verbrennt ein Bus in einem riesigen Feuerschwall. User behaupten, dass es sich um einen E-Bus handelt (1,2).

Einschätzung: Der Bus im Video war mit Methan betrieben und kein E-Bus.

Überprüfung: Der im Video zu sehende Vorfall ereignete sich am 16. April auf der Strada provinciale 344 bei Perugia (3) in Italien. Es finden sich zahlreiche Medienberichte über den brennenden Bus (4,5).

Demnach handelte es sich keineswegs um einen E-Bus, sondern um einen mit Methan betriebenes Transportfahrzeug. Passagiere seien keine an Bord gewesen, als der Bus Feuer gefangen hat.

Die Szenen aus den viralen Facebook-Beiträgen finden sich auch in einem Video der Online-Zeitung „Umbria On“ (6). Dort sind aber auch spätere Aufnahmen des ausgebrannten Busses zu sehen.

Mithilfe der Bilder lässt sich der Bus als einer der hellblauen Erdgas-Busse in Perugia identifizieren (7,8,9,10, 11). Auf diesen steht der Schriftzug „Io vado a metano“, was auf Deutsch etwa „Ich fahre mit Methan“ bedeutet.

Erdgasfahrzeuge sind laut ÖAMTC-Elektromobilitätsexperte Christian Klejna, der sich seit rund 20 Jahren mit Elektroantrieben und deren Entwicklung beschäftigt, schon lange in Betrieb. Die Flaschen, in denen sich das Erdgas befindet, bestanden früher aus Stahltanks. Heute wird das Naturprodukt in Verbundtanks gelagert, die vor ihrer Zulassung mehrfach geprüft werden.

Am Ende dieser Tanks befinden sich Klejna zufolge Sicherheitsventile. Bei einer Umgebungstemperatur von etwa 110 Grad Celsius öffnet das sogenannte Schmelzlot, das Erdgas wird gezielt abgelassen. Genau das war bei dem Bus im Video passiert, bestätigte der Experte im Gespräch mit der APA.

Ein Entzünden des Erdgases geschieht demnach niemals spontan, sondern immer nur durch Einflüsse von außen, wie etwa einem kompletten Fahrzeugbrand. Die Normaltemperatur der gedämmten Tanks liegt bei 15 bis 25 Grad Celsius.

Der Deutsche Feuerwehrverband sieht Elektroautos hinsichtlich ihrer Gefahren gleichauf mit Verbrennerfahrzeugen (12). Das zeigten Experimente deutscher Feuerwehren. In dieselbe Kerbe schlägt ÖAMTC-Experte Klejna. Alle ihm bekannten Studien belegten, dass die Brandgefahr von Fahrzeugen bei allen Antriebsarten in etwa gleich niedrig ist.

Vielmehr lässt sich die Häufung von brennenden Autos in den vergangenen Jahren mit den verbauten Materialien erklären, schreibt der ADAC (13). Vor allem Kunststoffe, die mehr und mehr in Autos zu finden sind, sorgen für eine erhöhte Freisetzung von Rauch und Wärme. Auch „Auto Bild“ schreibt, dass der vermehrte Einsatz von Kunststoff „die sogenannte Brandlast in den vergangenen 30 bis 40 Jahren stark in die Höhe getrieben“ hätte (14).

Von den mit Stichtag 31. März 2022 exakt 5.131.802 in Österreich angemeldeten PKW entfielen laut Statistik Austria 2.698.869 auf Diesel, 2.193.612 auf Benziner und 83.688 auf Elektroantrieb (15). Das Verhältnis von Verbrennern zu Elektroautos beträgt demnach etwa 58:1. Klejna zufolge meldete die Wiener Feuerwehr zuletzt 450 Fahrzeugbrände in einem Jahr. Ein einziges davon hatte Hybridantrieb. Und selbst in diesem Fall wurde der Brand nicht von der Batterie verursacht.

„Kommt es an der richtigen Stelle zum richtigen Einschlag bei einem Auto, dann kann beides brennen“, resümiert Klejna. Lediglich in der Brandbekämpfung gebe es Unterschiede, da ein von einem Lithium-Ionen-Akku verursachter Brand schwieriger einzudämmen sei.

Grundsätzlich könne laut ADAC „nie vollständig ausgeschlossen werden, dass sich ein Fahrzeug aufgrund eines Defektes selbst entzündet.“ Dies gelte aber für alle Antriebsarten. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass Elektroautos mit oder ohne Unfalleinwirkung eher zum Brennen neigen als Autos mit Verbrennungsmotor.

Links

(1) Posting auf Facebook: http://go.apa.at/1z9z4KlJ (archiviert: https://perma.cc/D55W-FAWZ)

(2) Posting auf Facebook: http://go.apa.at/IauKQdrl (archiviert: http://go.apa.at/PNHqucl7)

(3) Standort bei Google Maps: http://go.apa.at/jjSpo82J (archiviert: https://archive.ph/YovZV)

(4) Artikel von „RAI News“: http://go.apa.at/qnnfpYTf (archiviert: https://archive.ph/LTCva)

(5) Artikel bei „Perugia Today“: http://go.apa.at/BIfw4rzD (archiviert: https://archive.ph/XFCG9)

(6) Video von „Umbria On“: http://go.apa.at/kd2C9hXY (archiviert: https://perma.cc/B7DY-AYFT)

(7) Artikel über Methan-Busse in Perugia: http://go.apa.at/RDOnMcD5 (archiviert: https://archive.ph/irVNp)

(8) Foto von Methan-Bus: http://go.apa.at/AZxB2LmQ (archiviert: https://archive.ph/Hcta7)

(9) Foto von Methan-Bus: http://go.apa.at/b2rARYVu (archiviert: https://archive.ph/bjaHB)

(10) Foto von Methan-Bus: http://go.apa.at/AZxB2LmQ (archiviert: https://archive.ph/Hcta7)

(11) Foto von Methan-Bus: http://go.apa.at/B9S94JJo (archiviert: https://archive.ph/XrQue)

(12) Dokument des Deutschen Feuerwehrverbandes: http://go.apa.at/CJWEZ5mN

(archiviert: http://go.apa.at/IhDgGM49)

(13) ADAC-Infoseite zu E-Autos: http://go.apa.at/PE7sVyg4 (archiviert: https://archive.ph/L5cHX)

(14) „Auto Bild“-Artikel: http://go.apa.at/EM6XZMSZ (archiviert: http://go.apa.at/WqV9vR2L)

(15) Fahrzeugbestand in Österreich: http://go.apa.at/BNU0IiDf (archiviert: https://perma.cc/5L5R-ZYA2)

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Florian Schmidt / Stefan Rathmanner