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blog / Dienstag 24.12.24

APA Check Avatar Artikel über Merz und Geldstrafe ist Fälschung

APA/dpa/Archiv
Dass man im Internet gar nichts mehr sagen dürfe, ist ein beliebter Vorwurf in alternativen Meinungsgruppen. Belegt wird er mit scheinbaren Konsequenzen, die Kritik oder Beleidigungen gegenüber Politikern nach sich ziehen sollen. An einer aktuellen Behauptung, die eine absurd hohe Geldstrafe gegen eine Frau nach einer Äußerung gegenüber CDU-Chef Friedrich Merz in den Raum stellt, ist allerdings gar nichts wahr – nicht einmal der geteilte Artikel (1,2).
Einschätzung: Weder der Vorfall noch der geteilte Artikel existieren wirklich. Die Geschichte ist frei erfunden.
Überprüfung: Wenn Politiker oder Personen öffentlichen Interesses gegen normale Internetuser vorgehen, ist die Aufregung groß. Dies war etwa zu beobachten, als Kanzler-Gattin Katharina Nehammer rechtliche Schritte gegen Facebook-User nach dem Teilen von Falschinformationen gesetzt hat (3). Auch eine Hausdurchsuchung bei einem deutschen Bürger, der den deutschen Vizekanzler Robert Habeck als „Schwachkopf“ bezeichnet haben soll, stand zuletzt unter Kritik. Allerdings wurde seitens der Staatsanwaltschaft versichert, dass die Razzia bereits vor der Anzeige Habecks beantragt worden war (4,5).
Im Fall der behaupteten Geldstrafe von 170.000 Euro gegen eine Userin nach der Äußerung, Merz sei ein „gefährlicher Kriegstreiber“, gibt es allerdings gar keine Faktenbasis. Eine Google-Suche (6) nach dem Vorfall und dem angeblichen Vorwurf liefert keinerlei seriöse Treffer, obwohl bei einer derart hohen Summe zahlreiche Medien die Geschichte aufgreifen hätten müssen. Ein Sprecher des deutschen Kanzlerkandidaten bestätigte APA-Faktencheck auf Anfrage, dass kein derzeitiger Fall bekannt sei.
Die Quelle für die Behauptung ist laut den Beiträgen in Sozialen Medien ein Artikel von „Report24“, der auch als Screenshot geteilt wird. Das Internetportal ist in der Vergangenheit bereits mehrmals durch die Verbreitung fragwürdiger Inhalte in das Visier von Faktenchecks geraten (7,8,9,10,11).
In diesem Fall dürfte der Blog allerdings selbst Opfer einer Fälschung geworden sein. Zumindest konnte APA-Faktencheck weder auf dessen Webseite noch auf den zugehörigen Social-Media-Kanälen Hinweise finden, dass der behauptete Artikel jemals existiert hat. Auf APA-Anfrage erklärte „Report24“, dass man vollständig ausschließen könne, dass der Artikel jemals geschrieben oder veröffentlicht wurde. Man gehe von einer Fälschung aus, wofür auch das Euro-Zeichen im Titel spreche. Dieses verwende man nämlich nicht.
Dieses Argument ist tatsächlich belastbar. Mit Hilfe von Google-Suchoperatoren lässt sich überprüfen, wie oft das €-Zeichen bereits bei Artikeln des Portals verwendet wurde. Eine entsprechende Suche liefert hier keinen einzigen Treffer (12).
Links
(1) Behauptung auf X (nur archiviert: https://archive.ph/GSenT)
(2) Behauptung auf Telegram: https://go.apa.at/joPM3p2u (archiviert: https://perma.cc/5BH4-NXBC)
(3) Bericht über Nehammer: https://go.apa.at/yczmxBBI (archiviert: https://perma.cc/AM2W-2FBM)
(4) Bericht über Habeck und Razzia: https://go.apa.at/OqEUvaE3 (archiviert: https://archive.ph/qy73y)
(5) Bericht über Habeck und Razzia: https://go.apa.at/oAbJI6di (archiviert: https://perma.cc/2VC3-D5KM)
(7) APA-Faktencheck: https://go.apa.at/lnssdq4w
(8) APA-Faktencheck: https://go.apa.at/c7lyn4go
(9) dpa-Faktencheck: https://go.apa.at/irjr9LJE
(10) Correctiv-Faktencheck: https://go.apa.at/lFfAQyCd
(11) Correctiv-Faktencheck: https://go.apa.at/e65XGcke
(12) Suche mit Suchoperatoren: https://go.apa.at/8D7gLE2g (archiviert: https://perma.cc/58GQ-FXRQ)
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