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blog / Montag 22.11.21

APA-Faktencheck-Workshops: Interview mit APA-Verification Officer Florian Schmidt

Im Rahmen des von Google geförderten Projekts „Faktencheck21“ bieten die APA - Austria Presse Agentur und die dpa - Deutsche Presse-Agentur kostenlose Schulungen für Journalistinnen und Journalisten zum Thema Faktenchecks und Desinformation an. Unser „Faktenchecker“, APA-Verification Officer Florian Schmidt, erzählt im Interview mehr über das Projekt und die Relevanz des Themas in Zeiten von Fake News.
Foto: APA/Fohringer
„Mittlerweile kann jeder Durchschnittsbürger mit ein bisschen Interesse für entsprechende Tools gefakte Bilder oder Videos erstellen, die von einem Großteil der Bevölkerung für echt gehalten werden könnten. Da benötigt es unbedingt Korrektive und Verifizierungen durch unabhängige Faktenchecker.“

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Faktencheck-Workshops anzubieten?

Die APA befindet sich seit zwei Jahren in einer engen Kooperation mit der Deutschen Presse-Agentur, was das Thema Faktencheck betrifft. Als Verification Officer der APA habe ich einen sehr guten Kontakt zum Verification Officer der dpa, Stefan Voss. Nachdem wir den Erfolg des Projekts „Faktencheck 21“ in Deutschland gut beobachten konnten, waren wir uns einig, dass es eine gute Sache wäre, die Schulungen auch nach Österreich zu holen. Nachdem auch Google an dieser Erweiterung interessiert war, sind wir jetzt in der glücklichen Lage, diese spannenden Schulungen auch bei uns im Land anbieten und zugleich auf die Erfahrungen der dpa zurückgreifen zu können.

Wer nimmt an diesen Workshops teil?

Grundsätzlich kann jede Journalistin und jeder Journalist von den Faktencheck-Schulungen profitieren. Wir zeigen in den Workshops hilfreiche Tools und Tricks, die wir durch unseren täglichen Austausch unter Faktencheckern erlernt haben und die über alltägliche journalistische Arbeitstechniken hinausgehen. Daher ist das vermutlich vor allem für Online-Redakteurinnen und -Redakteure, Investigativ-Journalistinnen und -Journalisten oder Personen interessant, die mit neuen Medienformaten wie Liveblogs, Faktenchecks oder Social Media zu tun haben.

Was sind die Inhalte der Schulungen?

Wir beschäftigen uns vor allem mit sechs Modulen. Bei der Accountverifizierung sehen wir uns an, wie man erkennen kann, wer hinter einem Profil steckt oder ob es sich tatsächlich um die Person handelt, die der Account vorgibt. Wir sehen uns das Arbeiten mit Internetarchiven an, wo man mit Know-how und etwas Glück gelöschte Tweets, Facebook-Postings oder auch Webseiten auffinden kann. Auch die Möglichkeit einer Foto-Rückwärtssuche wird in den Schulungen gemeinsam erlernt und geübt. Dann geht es unter anderem darum, wie ich Suchoperatoren nutzen kann, um bei Suchmaschinen zu den Ergebnissen zu kommen, die mir weiterhelfen. Ein großer Teil der Workshops ist ebenfalls „Geolocation“, also wie ich den Aufnahmeort bei Bildern und Videos verifizieren kann. Dann werden noch Plattform-Tools vorgestellt und Möglichkeiten gezeigt, wie auch ohne Tools eine Verifizierung gelingen kann. Alle Lehrinhalte werden gemeinsam erlernt und in Übungen erprobt.

Warum ist das Thema Faktencheck so wichtig geworden?

Die Bedrohung, dass Desinformationen auf den Meinungsprozess großer Bevölkerungsgruppen einwirken, nimmt immer mehr zu. Zum einen durch die gerade in der Pandemie zu sehende Zunahme an Falschinformationen, zum anderen, weil die technischen Hürden für die Erstellung authentisch wirkender Fakes immer weiter sinken. Mittlerweile kann jeder Durchschnittsbürger mit ein bisschen Interesse für entsprechende Tools gefakte Bilder oder Videos erstellen, die von einem Großteil der Bevölkerung für echt gehalten werden könnten. Da benötigt es unbedingt Korrektive und Verifizierungen durch unabhängige Faktenchecker.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Faktenchecker am besten?

Es ist jeden Tag intensive Denkarbeit. Wenn ich Falschinformationen überführen will, muss ich mir immer überlegen, an welcher Stelle ich ansetzen kann und wo ich die Informationen finde, die die Desinformation ganz klar widerlegen. Das kann trockene Recherchearbeit und das Einlesen in Studien sein. Das kann gerade im Fall von Bildern und Videos aber auch wie Detektivarbeit wirken: Erkenne ich vielleicht ein Straßenschild? Oder eine Schrift auf einer Werbetafel? Oder eine bestimmte Bauart eines Gebäudes? Da gibt es kein Schema, das ich bei jedem Bildmaterial verwenden kann, sondern ich muss meinen Hausverstand bemühen und logisch denken. Außerdem ist es immer Teamarbeit. Bei einer Verifizierung ist es immer sinnvoll, wenn sich mehrere Köpfe Gedanken machen und jeder etwas beitragen kann.